Vikingur Ólafsson auf Schloss Elmau

An diesem Wochenende kann ich etwas Besonderes empfehlen. Der isländische Pianist Víkingur Ólafsson (geb. 1984) hat auf Schloss Elmau eine Reihe von Kompositionen eingespielt, zu denen er eine besonders intensive Verbindung hat.

Er erklärt die Fermente dieser Kontakte und geht dabei auch auf die kompositorischen Besonderheiten ein, ohne akademisch oder feierlich zu werden. Die Erläuterungen entspringen vielmehr dem Nachdenken über die Praxis des Klavierspielens.

So lernt man eine PLAYLIST von Lieblingsstücken kennen, in Kürze, niemals langatmig – es sind Hinweise zum genaueren Selberhören.

Vertieft werden die Überlegungen durch Musikvideos, die Ólafsson mit einem Kreis von Freunden zu den Stücken produziert hat. Sie verlagern die Musik in weite Räume, die auf die klanglichen Ereignisse antworten.

Dass all das von Schloss Elmau aus präsentiert wird, freut mich besonders – ist Schloss Elmau doch der Raum, in dem mein Roman Liebesnähe spielt. In der Taschenbuchausgabe des Romans wird dazu mehr gesagt…

https://www.arte.tv/de/videos/121396-000-A/vikingur-olafsson-my-playlist/

Allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs wünsche ich ein inspiriertes Wochenende!

Le Corbusier in Bern

Im Zentrum Paul Klee in Bern läuft derzeit eine große Ausstellung zum Gesamtwerk von Le Corbusier (1887-1965).

Zum ersten Mal erfährt man umfassend etwas über die vielen künstlerischen Techniken und Interessen des großen Architekten, der in der Jugend ein Zeichner (siehe oben die Skizze eines antiken Gebäudes in Rom), später aber auch ein Maler sowie ein Städte- und Landschaftsplaner war, der faszinierende Gebäude (Wohnhäuser, Hochhäuser, Kirchen, Klöster…) entwarf.

Die große Ausstellung in den weiten Räumen des Zentrums ermöglicht eine Wanderung durch all die damit verbundenen ästhetischen Theorien und Praktiken, so dass man die Entstehung eines Lebenswerks verfolgt, das die Kulturen unseres Sehens und Wahrnehmens bis heute prägt.

Die Ausstellung ist bis zum 22.06.2025 zu sehen. Für den Gang durch die Ausstellungsräume benötigt man einen ganzen Tag, der einem die Augen öffnet und die eigenen Fantasien und Vorstellungen über Bauen, Planen und Erleben nachhaltig aktiviert.

https://www.zpk.org/de/ausstellung/le-corbusier

Die Flotte der Römer

ARTE präsentiert gerade in seiner Mediathek eine historisch und ästhetisch informative Doku über die Flotten und die Schifffahrt der alten Römer, die sich damit das Mittelmeer erschlossen:

https://www.arte.tv/de/videos/117161-000-A/die-flotte-der-roemer/

Mich faszinieren die alten Schiffsbauten, zumal ich sie in meiner Jugendstadt Mainz oft in dem einmaligen Schifffahrtsmuseum in der Nähe des Rheins gesehen habe. Lange Zeit war es wegen Renovierung geschlossen, im Frühjahr 2025 wird es endlich wieder eröffnet. Ich empfehle einen Besuch – unbedingt, es lohnt sich sehr.

https://www.mainz.de/kultur-und-wissenschaft/museen/museum-fuer-antike-schifffahrt.php

Eine Lesung und ein Gespräch in Bern

Heute, am 12.02.2025, stelle ich um 19.30 Uhr in der Kornhaus Bibliothek von Bern im Gespräch mit dem Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Kevin Kuhn mein neues Buch „Nach allen Regeln der Kunst. Schreiben lernen und lehren“ vor.

Kevin Kuhn hat zwei Romane (Hikikomori und Liv) veröffentlicht. Außerdem ist er der Autor einer viel beachteten Studie über Die Ästhetik des Romanentwurfs.

Zu diesem Abend lade ich die Leserinnen und Leser dieses Blogs herzlich ein.

Ratschläge und Tipps für das eigene Schreiben von C.S.Lewis

Eine aufmerksame Leserin dieses Blogs hat mir die Ratschläge gemailt, die der irische Schriftsteller C.S.Lewis (1898-1963) im Jahr 1959 an eine Schülerin schickte, die ihn um einige Tipps für das eigene Schreiben bat.

Ich kannte diese Vorschläge noch nicht und fand sie bereits auf den ersten Blick klug, gut nachvollziehbar und keine Spur überholt. Einige könnte man sofort aktualisieren…

„Turn off the Radio“…- dem folgend, könnte man heutzutage sagen: „Reduziere die Lektüre von Social-Media-Texten auf ein Mindestmaß.“

Schreib und lese mit dem Ohr, nicht mit dem Auge: Ja, wenn Du schreibst, solltest Du den Text hören…, Klang- und Ausdrucksmomente sind elementar = Die Musik des Textes.

Schreib vor allem über das, was Dich wirklich beschäftigt: Stimmt! Eruiere, was das alles sein könnte, mache Dir darüber Notizen.

Entwürfe solltest Du nicht in den Papierkorb werfen, sondern aufheben und wiederlesen. In jedem könnte eine Spur von dem stecken, was Du anvisierst.

Schreib mit der Hand, nicht mit einer Maschine. Die Handschrift ermöglicht die Fixierung von Lauten, Silben und Rhythmen, die von der Maschine übertönt oder ausgelöscht werden.

Jedes Wort, das Du benutzt, sollte eines Deiner eigenen Worte sein, vermeide die Übernahme von Modewörtern oder Slang.

Die Singstimme und die Stimmen der Instrumente

Hören wir zu Beginn dieses literarisch und musikalisch inspirierten Wochenendes den Pianisten András Schiff – wie er die Stimmen und den „Gesang“ der Musikinstrumente vom menschlichen Singen herleitet:

Und versuchen wir als nächstes, den „Gesang“ einer Klarinette einzufangen und als „Stimme“ zu beschreiben. Wie klingt sie?

Verbunden mit Hören, Singen und Klingen wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs ein sonniges Wochenende!

(Ihre Texte über den Gesang der Klarinette schicken Sie bitte an: ortheil.hannsjosef@gmail.com)

Klassik shorts

Ich schließe an die letzte Buchempfehlung (Schleichwege zur Klassik ) an, indem ich auf die von BR – Klassik ins Leben gerufene Reihe der Klassik shorts hinweise. Auch sie sind ein vergleichbar lockerer Einstieg in das Hören von klassischer Musik – hier einige Erläuterungen zum Format:

https://www.br.de/br-fernsehen/programmkalender/sendung-2595838.html

Wie wäre es mit einem ersten Hörversuch? Der Nussknacker-Suite von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (1840 – 1893)! Lauter Ohrwürmer, in aller Kürze! Wie hat er das gemacht?

Und, ganz nebenbei, heute Abend stelle ich im Literaturhaus meiner Geburtsstadt Köln mein neues Buch („Nach allen Regeln der Kunst. Schreiben lernen und lehren“) vor. Herzliche Einladung, die Veranstaltung soll ausverkauft sein, aber freie Plätze tun sich oft unerwartet durch Krankheitsfälle von Angemeldeten auf.

Schleichwege zur Klassik

Ich lese gerade das Buch Schleichwege zur Klassik. Musik aus fünf Jahrhunderten neu entdecken“ von Gabriel Yoran (Insel-Verlag 2024).

Yorans Eltern spielten beide in einem Symphonieorchester, so dass er im Umkreis von klassischer Musik aufwuchs. Er hätte den Eltern folgen können, tat es aber nicht, nach sieben Jahren Klavierunterricht gab er auf. Inzwischen bereut er es und versucht, sich auf anderen Wegen der Klassik zu nähern. Er will diese Musik für sich neu entdecken, ungezwungen und aufgeschlossen, als emphatischer Hörer, frei assoziierend, ohne ausgetretenen Interpretationspfaden zu folgen.

Deshalb offeriert er „Schleichwege“ – und das meint: Er setzt bei seinen Leserinnen und Lesern keine großen Kenntnisse voraus und ignoriert meist die bekannten Hitnummern des Betriebs.

Auf etwas über einhundertdreißig Seiten serviert Gabriel Yoran (geb. 1978) vielmehr Klangproben als Kostproben, was auch deshalb so gut gelingt, weil die Stücke anhand von QR-Codes abrufbar sind. Man braucht also nicht lange im Netz zu suchen, sondern setzt ein Smartphone ein, ruft den Code ab – und schon läuft auf Youtube das jeweilige Stück.

Oft sind es, wie der Untertitel verspricht, veritable „Entdeckungen“. Man wird zu hell aufleuchtenden Besonderheiten geführt – dem Klang eines Instruments, der Ausbreitung einer Stimmung, einer im Hintergrund versteckten Erzählung.

„Serviert“ wird also kein „Bildungsgut“, in das man sich stundenlang nachdenklich vertiefen müsste. „Schleichwege“ wollen nicht belehren, sondern machen einfach nur Spaß und lassen Stück für Stück aufhorchen. So könnten auch manche zur Klassik finden, die bisher dachten, Klassik sei etwas Überholtes und mache nicht das geringste Vergnügen. Bei Gabriel Yoran macht sie das, weil sie unverkrampft, locker und sehr gegenwärtig präsentiert wird.

Carpaccio und Bellini in Stuttgart

Zuletzt habe ich eine Fotografie studiert, die mich nach Venedig lockte. Und vor kurzem habe ich während einer Reise nach Hildesheim die Skulptur einer Tintenfassmadonna im Hildesheimer Dom aufgesucht.

Nun führe ich beide Linien zusammen, indem ich in eine Ausstellung der Stuttgarter Staatsgalerie gehe, die venezanische Bilder der Frührenaissance zeigt.

https://www.staatsgalerie.de/de/ausstellungen/aktuell/carpaccio-bellini-und-fruehrenaissance-venedig

Auf einem Bild von Vittore Carpaccio (1465-1525) ist die Gottesmutter als lesende Frau abgebildet. Sie vertieft sich in einen alten Text – was in meinen Augen eine Tiefenergänzung zur Hildesheimer Madonna darstellt. Lesen, schreiben und schreiben lehren erscheinen mir als eine selten so wahrgenommene Trias, die das Marienleben mit prägt.

Venedig im Neuen Jahr – Studium einer Fotografie

Zu den „guten Vorsätzen“ für das Neue Jahr 2025 gehört auch, Venedig möglichst bald und mehrmals in diesem Jahr aufzusuchen. Das habe ich meinen dort lebenden Freundinnen und Freunden versprochen.

Eine von ihnen schickte mir eine Fotografie, die aus vielerlei Gründen etwas stark Verlockendes und Einladendes hat:

Das Foto präsentiert nicht die auftrumpfenden Seiten von Venedig. Es zeigt weder ein Panorama noch die bekannten pittoresken Details. Stattdessen inszeniert es einen Ausschnitt – und den als Durchblick durch eine der engen Gassen in die imaginäre Weite.

Dort schimmern einige Fassaden auf der anderen Seite jenseits der Wasserstraße (Häuser auf der Giudecca sind zu erkennen).

Aufgefangen und gehalten wird der Blick durch die Jugendstillaterne, deren drei Lampen sich aus einem helleren Lichtkegel gegen einen großen, hingefächerten, dunkleren aus der Höhe erheben.

Die Anpflanzung eines mageren Baumes winkt dem zu.

Das Foto flüstert: Suche nach diesen schmalen Wegen, die eine verborgene Weite inszenieren und mehrere Zeitzonen Venedigs unauffällig, aber „einleuchtend“ miteinander verbinden.

Die „Verführung“ ist also wieder da … – und akut vorhanden.