In der schönen Hamburger Buchhandlung Felix Jud entdecke ich die ersten Bände einer auf acht Bände angelegten Ausgabe des literarischen Werks von Hanns Dieter Hüsch (erschienen in der edition diá). Das überrascht mich so, dass ich mich hinsetze und mir Zeit zum Lesen nehme. Hüsch habe ich gut gekannt, seine Tochter Anne war in meiner Schulklasse. Als ich ihn live erlebte, nannte man ihn noch einen Kabarettisten, zum Glück war er jedoch keiner. Was war er denn? Ich sehe ihn im Mainzer Unterhaus. Wie er rasch die Bühne betritt und sich hinter seine kleine Heimorgel setzt. Wie er ein paar Akkorde anstimmt, zu summen beginnt, wie er vor sich hin singt, wie er ins Murmeln ausweicht und die Akkorde verebben lässt, wie er nachdenklich wird und schärfer, wie er sich entrüstet, sich entsetzt, wie er lauter und lauter wird – und erneut ein paar Akkorde anstimmt und wie er hinüber findet in so etwas wie ein niederrheinisches Chanson. Was für ein wunderbarer Mensch! Immer unterwegs. Den Blick auf den Boden gerichtet. Die eigenen schmalen Pfade im Kopf. Oft allein. Ich freue mich auf diese acht Bände, ein großes Stück meiner Jugend werde ich wieder erleben. Indem ich lese und lese – und ihn singen, murmeln und sich entrüsten höre.