Lukas Podolski war bereits bis zu seinem gestrigen Abschiedsspiel kein gewöhnlicher Nationalspieler. Er war vielmehr ein Spieler mit einer starken Biografie und mit einem leuchtend offensiven Charakter, der schwerer, als viele Beobachter annahmen, zu fixieren war. Natürlich war er der meist gut gelaunte Spaßmacher, daneben aber auch eminent fleißig, treu und von einem manchmal fast rohen, trockenen Ernst. Das alles hätte genügt, seine Geschichte in guter Erinnerung zu behalten. Der gestrige Abend hat jedoch die Ebene der guten Erinnerung weit übertroffen. Jerome Boateng hat dieses Übermaß als einer der wenigen gleich erkannt und benannt: Der Auftritt von Podolski und sein unglaubliches Tor in der 69. Minute des Spiels erschienen ihm als szenisches Bestandteil einer „Legende“. Und genau das ist geschehen: Mit diesem Tor verwandelte sich der Abschied, konzentriert auf den einen blitzartigen Moment, in die Darstellung von etwas Wunderbarem. Dass Podolski der Ball auf ideale Weise vorgelegt wird und er ihn so trifft, dass mit diesem Schuss die Erinnerungen an all seine Torschüsse mit dem linken Fuß abgerufen werden, ist mit Vernunft oder einem kleinen Staunen nicht zu begreifen. Das Ganze hat vielmehr den Charakter eines besonderen „Erscheinens“ und damit einer „Legende“. Als Erzählform berichtet die Legende nicht nur von guten Momenten, schönen Stunden und einem sinnvoll verbrachten Leben. Sie erzählt darüber hinaus von jenen seltenen Augenblicken, die das Gute, Schöne und Sinnvolle ins Wunderbare drehen. So gesehen, bleibt der Nationalspieler Lukas Podolski keine gute Erinnerung, sondern eben eine legendäre. Jeder, der das Wunder gesehen und erlebt hat, wird von ihm berichten und es niemals vergessen.