Heute erscheint der neue Roman. Bald werde ich die ersten Rezensionen zu lesen bekommen. Für einen Autor können solche Texte sehr unergiebig sein. Zum Beispiel, wenn sie sich auf ausgetrampelten Pfaden an das Buch heranmachen (was hat der Autor früher so alles geschrieben? Wie finde ich etwas vom Früheren im Neuen?). Oder wenn sie den Inhalt zu lange referieren und nicht zu einem begründeten Eindruck vom Leseerlebnis kommen. Was sollte man stattdessen in einer Rezension finden? Der Leser sollte erfahren, was mit einem Rezensenten während der Lektüre passiert ist. Und die Rezension sollte ihn ahnen lassen, was für ein Buch ihn genau erwartet. Das erfordert viel Sensibilität und die Bereitschaft, nicht gleich mit raschen Urteilen aufzutrumpfen. (Michel Foucault hat einmal ironisch von dem Kritiker berichtet, der nachts aufwachte und schrie: „Ich will urteilen.“) Und schließlich: Was erwarte ich selbst von einer Rezension? Dass ich etwas zu lesen bekomme, das mir selbst nicht eingefallen wäre, irgendetwas, das nicht aus flüchtig Gehörtem, Gelesenem oder Aufgegabeltem hergeleitet wurde, sondern im Verlauf einer hingebungsvollen Lektüre für den Rezensenten sichtbar geworden ist.