Noch immer bin ich an einem Abend vor einer Reise nervös wie ein Kind. Ich stelle mir vor, wie hindernisreich der Aufbruch sich am nächsten Morgen gestalten könnte und woran ich unbedingt denken muss. Nachts schlafe ich unruhig und überlege bei jedem Aufwachen, ob ich nicht bereits aufstehen sollte. Habe ich noch einige Stunden Zeit und muss erst gegen zehn Uhr im Bahnhof sein, stehe ich doch spätestens gegen fünf Uhr auf, tue so, als ob ich unendlich viel Zeit hätte, packe langsam und überkonzentriert (bloß nichts vergessen!) – und durchstreife dann schon gegen neun Uhr den Bahnhof. Eine ganze Stunde habe ich noch, aber das frühe Eintreffen beruhigt mich. Ich schaue mich im Pressezentrum nach interessanten Zeitschriften oder Zeitungen um, ich gehe an den Verpflegungsstationen vorbei (die sich in Deutschland leider viel zu sehr ähneln), und ich kaufe ein paar Kleinigkeiten – einen Saft, etwas Wasser, eine Süßigkeit, aber nichts Größeres, Essbares -, wohl aber jedes Mal etwas anderes, nur nach Laune. Sitze ich endlich im Zug, ist es vorerst geschafft. Als erstes lese ich die neusten Zeitungen, dann kommen die Zeitschriften und Bücher dran. Wenn während der Lektüre Ideen oder andere Einfälle überspringen und ich etwas notiere, bin ich endgültig wieder bei mir selbst angekommen. Ich vergesse das Reisen, ich lese, schreibe, denke nach – und ich wechsle (wenn die Reise lang genug ist) in den Speisewagen, um dort (meistens) den einzigen Eintopf zu essen, den es im Angebot gibt. „Eintopf“ halte ich für das ideale Angebot in Speisewagen der Bahn. Man kann ihn gut präparieren (mit viel Gemüse), er brennt nicht an, er trocknet nicht aus, er ist eine leichte, abwechslungsreiche Kost. Es sollte viel mehr Eintöpfe im Speisewagenangebot der Deutschen Bahn geben, denke ich fast immer und gehe an meinen Sitzplatz zurück, überlegend, ob ich den Bahnoberen wegen dieser Sache eine Mail schreiben sollte. Wenn ich sitze, habe ich das Vorhaben jedoch schon wieder vergessen, ich träume eine Weile, indem ich aus dem Fenster schaue, ich bin jetzt eins mit dem Zuggleiten, und ich frage mich irgendwann, wo ich aussteigen sollte: Wirklich dort, wo ich erwartet werde? Oder nicht doch viel später? An der Endstation des Zuges zum Beispiel. Ich mag Endstationen, im Grunde reise ich am liebsten, um auf den Endstationen der jeweiligen Züge anzukommen. Endstationen runden eine Reise ab, auf Endstationen hat sich jede Unruhe vollkommen verflüchtigt.