Im Museum

Mit Alan Bennett in ein Museum zu gehen, ist eine Freude. Meist weiß er gar nicht so recht, was er dort anstellen soll. Bilder betrachten? Vielleicht, aber wie lange? Die seltsamen Bräuche und Kleidungen der Besucher studieren? Schon eher, denn auf diese Weise ist man den unterschiedlichen Reaktionen auf Kunst näher, als wenn man die ganze Museumszeit nur ein puristischer Kunstbetrachter bliebe. Sich mit den Museumswärtern unterhalten? Jederzeit, denn so erfährt man allerhand Kurioses über so etwas Seltsames wie ein Museum und den Gebrauch, den Menschen von einem solchen Gebäude machen. Bennetts „Bilder gucken gehen“ erweist sich also gerade nicht als das sonst übliche Studium von Bildern (eins nach dem andern, ein Saal nach dem nächsten, immer müder und verdrossener werdend), sondern als ein Gang, der an den Bildern vorbei verläuft. Oft schaut er nur flüchtig hin und entdeckt gerade deshalb das eine Detail, das ihn dann weiter beschäftigt (und meist zum Lachen bringt). Er glaube an die „Fähigkeiten des Augenwinkels“, schreibt er und zitiert ein Credo von E.M.Forster: „Nur was man nebenbei sieht, sinkt tief ein.“ Alan Bennett wirklich durch ein Museum zu begleiten, käme mir nicht in den Sinn, er will dort allein sein und seine geheimen Entdeckungen machen. Nach einem solchen Museumsbesuch mit ihm in London irgendwo essen zu gehen, wäre dagegen bestimmt ein großes Vergnügen. Könnten wir uns doch erzählen, was wir in den letzten Stunden so alles gesehen hätten. Etwa Michelangelos Zeichnungen? Oder doch nicht eher die Hand Gottes, wie Michelangelo sie zu zeichnen versucht hat? (Alan Bennett: Geht ins Museum. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2017)