„Ein bisschen Kranksein ist manchmal ganz gesund …“, lese ich in dieser Woche im SZ Magazin. Das ist ein kluger Satz des Mediziners Rudolf Virchow – und als sollte sich seine Klugheit und Richtigkeit an mir beweisen, kündigt sich mittags das Kranksein an. Ich bemerke es zunächst an einer gewissen Müdigkeit und Erschöpfung, dann aber auch an der Unlust, noch irgendetwas Essbares zu mir zu nehmen. Bewegen möchte ich mich auch nicht mehr. Was will ich denn?! Nichts mehr, gar nichts mehr. Ich lege mich hin, selbst das Lesen fällt schwer, ich lasse es sein. Ich starre zur Decke, ich ziehe mich von Stunde zu Stunde mehr aus der Welt zurück. Das Interesse an allen Menschen und Dingen um mich herum nimmt immer rapider ab, schließlich ist es überhaupt nicht mehr vorhanden. Ich sage nichts mehr, ich trinke nur noch Wasser (dann und wann), das letzte Lebensinteresse gilt meinem seltsamen Körper, dessen kaum begreifliche Regungen ich verfolge. Genau das ist: ein bisschen Kranksein. Mit seiner Hilfe verlasse ich die unermüdlich weiterlaufenden Weltprozesse. Was ich von ihnen noch mitbekomme (im Radio, im Fernsehen, sonstwo) erscheint lächerlich, viel zuviel Theater und Anstrengung, unnötiger Zeitvertreib. Es genügt doch, sich diesem schwerer werdenden Körper zu widmen. Er sendet herrschaftliche Signale, er befiehlt, was ich zu tun habe. Und so unternehme ich eine Reise in ein weit entferntes Land, es hat seine eigenen Regeln – und später komme ich aus ihm wahrhaftig in dem Glauben zurück, der Aufenthalt dort sei „ganz gesund“ gewesen.