Rosenmontag – Höhepunkt des rheinischen Karnevals. Der Zug, der sich heute von Süden aus ins Zentrum von Köln rund um den Dom bewegt, ist acht Kilometer lang und braucht dreieinhalb Stunden. Er ist jener vitale Modus des Feierns, der die Topographie der Innenstadt als bunter Erreger in Schwingungen versetzt.
Ohne die am Wegrand mitfeiernden Kneipen wäre er aber bloß eine Attrappe, denn der Kneipenkarneval bildet die Kernzelle des Festes. Hier treffen sich die Anwohner (dort, wo sie sonst unter sich sind) mit den Freunden und Fremden. Jede Kneipe feiert auf ihre Art, bringt ihre Musik, gestaltet den Raum individuell. Das eigentliche Feiern besteht darin, von Kneipe zu Kneipe zu ziehen, mit vielen Mitfeiernden Kontakt aufzunehmen und so eine Art Kneipenparcours zu kreieren, der sich spontan (eben durch die frisch geknüpften Kontakte) ergibt. Auf die Anregungen und Eingebungen kommt es also an, darauf, wie gut man auf die sich rasch verändernden Szenen reagiert, ein Teil von ihnen wird, sich wieder ausklinkt … Nichts ist langweiliger und stumpfer als das lange Stehenbleiben an einem Ort, in einer Kneipe, mit immer denselben Menschen.
Karneval feiern heißt: Das Fluten des Zuges an seinen Rändern umsetzen in das eigene Treiben und Tanzen. Dazu gehört das (zumindest versuchsweise) Mitsingen der Kölschen Lieder und die Kunst der Improvisation, wenn es auf Schwung und Witz bei neuen Kontakten ankommt. Daher die Kostüme und Verkleidungen: Sie sind Komödie und machen es leicht, andere Jecken anzusprechen. „Jeck sein“ ist Anderssein, ein Triumph der Leichtigkeit über die Schwere, ein ununterbrochener, sich steigernder Wirbel mit starken Episoden.
Morgens um 10 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung, aber er ist, wie gesagt, nur der Stachel, der Anreiz. Vom frühen Morgen an sollte man sich durch den Tag und die Nacht treiben und allmählich die Kölschen Lieder ausklingen lassen. Am Morgen des Veilchendienstags endet alles mit dem Blues of Desperation von Joe Bonamassa, in Rheinnähe, dort, wo der frühe Morgen so kalt und brutal ist wie nirgends sonst.