Friederike Schilbach hat hundert Frauen eingeladen, ihr ein Foto mit einem kleinen Begleittext zu schicken. Das Foto soll ein Detail des Badezimmers zeigen, meist ist es ein Gegenstand, den man durchaus auch als „Ding des Lebens“ bezeichnen könnte. In so einem Fall ist er kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs, sondern eine kleine Ikone, die an eine eigene Lebensszene, eine bestimmte Stimmung oder einen anderen Menschen erinnert. Das Badezimmer, schreibt Friederike Schilbach, sei ein Ort, „an dem man sich selbst begegnet, im Spiegel, beim Zähneputzen, Eincremen, Haare zurechtmachen, auf dem Weg in den Tag oder in die Nacht“. Eben deshalb sei es ein besonders intimer Raum, „vielleicht der intimste der ganzen Wohnung“.
Genau diese Intimität, denke ich, macht das Badezimmer auch zu einem literarischen Raum, in dem Selbstgespräche, Monologe oder aus dem Stegreif improvisierte Dialoge (mit wem?) geführt werden. Im Badezimmer werden aber nicht nur Sprechen und Denken aktiviert, sondern auch Entwurf und Strukturierung der Körperbilder. Beide „Aktionen“ können einander begleiten, sich aber auch im Weg stehen. Sie können zu jenem schönen Schwung beitragen, der einen dann ins Freie, nach draußen, befördert, oder auch jene Verstimmung auslösen, die den ganzen weiteren Tag als tiefgrau erscheinen lässt.
The Bathroom Chronicles (100 Frauen. 100 Bilder. 100 Geschichten, hrsg. von Friederike Schilbach. Suhrkamp Verlag 2017) ist ein ganz wunderbares Buch geworden. Immer wieder blättere und lese ich darin, nicht mehr als ein paar Seiten. Dabei fange ich jedes Mal an, die auf den Fotos und in den Kurztexten angedeuteten Details weiter zu spinnen. Warum hängt im Bad der (von mir verehrten Schriftstellerin) Leanne Shapton ein Foto von Monica Vitti? Oder: Sollte ich mir auch ein weißes Duschradio von Sony mit hellblauem Bügel anschaffen, wie es im Badezimmer von Julia Knolle steht? Oder: Warum gibt es in unserem Badezimmer nicht etwas Ähnliches wie die kleine Qualle („aus dem Sea-Life Center in Berlin“), die im Badezimmer von Kaori Kuniyasu an einer Wand baumelt und angeblich „ein Gefühl von Ruhe und Zufriedenheit“ verleiht?