Karwoche – Meditation 5

Die Sieben letzten Worte Jesu am Kreuz hat man aus den vier Evangelien extrahiert und zu einem Ensemble des Abschiednehmens zusammengestellt. Jedes dieser „Worte“ (oder besser: Fragmente) richtet sich an bestimmte Personen, akzentuiert ein bestimmtes Thema und ergibt im Ensemble ein letztes Testament mündlicher, auf das Ereignis des Kreuzestodes bezogener Rede.

Waren die Überlegungen, Gedanken und Reden Jesu vor seiner Gefangennahme und vor seinem Prozess „Testamente“ in fundamentaler Absicht (grundlegend, erörternd, fixierend), so sind die Sieben letzten Worte die intensivsten und menschlichsten Ausdrucksformen des langsamen Sterbens.

Sie lauten: 1) Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. (An Gottvater gerichtet, auf all jene bezogen, die an Jesu Tod direkt oder indirekt mitwirken …); 2) Amen! Ich sage dir, heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein! (An den ‚guten‘ Schächer gerichtet, der ebenfalls gekreuzigt wird, auf die Jenseitserwartung bezogen …); 3) ‚Frau, siehe, dein Sohn!‘ und: ‚Siehe, deine Mutter!‘ (An Jesu Mutter, Maria, gerichtet, die mit Jesu Tod keinen lebendigen Sohn mehr hat (und daher mit ‚Frau‘ angeredet wird) … – sowie an den Lieblingsjünger Johannes gerichtet, der nun eine ‚Mutter‘ (Maria) zugewiesen erhält und sich von diesem Augenblick an um sie zu kümmern und sie zu versorgen hat …); 4) Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? (Sicher der erschütterndste Text der Sieben Worte, gerufen im Moment der stärksten, extrem menschlichen Verzweiflung, gerichtet an einen Gottvater, der sich nicht zeigt und den Tod Jesu zeichenlos zulässt …); 5) Mich dürstet. (Der Versuch, eine letzte, menschliche Geste der Zuwendung oder Anteilnahme bei den Umstehenden zu erwirken); 6) Es ist vollbracht. (Die Passion findet ihr Ende, der Kreuzweg ist gegangen.); 7) Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. (Der allerletzte Satz, an Gottvater gerichtet, ein Satz der erwarteten Erlösung und stillen Hoffnung.)

Joseph Haydn hat zu den Sieben letzten Worten Jesu am Kreuz eine Musik geschrieben, die er in mehreren Fassungen hinterlassen hat. Als Orchesterwerk, als Streichquartett, in einer Fassung für Klavier. In konzertanten Aufführungen werden die Sieben Worte jeweils einzeln gelesen, worauf das auf den jeweiligen Text bezogene Musikstück gespielt wird. Alle Stücke erfüllen den Anspruch der meditativen Versenkung in den Text.

Die Fassung für Streichquartett ist mir die liebste. Ich höre sie in der Interpretation durch das Cuarteto Casals