Gestern Abend war ich zu einer Lesung eingeladen, die anders war als die vielen Lesungen sonst. Etwa vierzig Gäste waren dazu in ein Restaurant gekommen, und es gab gleich zu Beginn guten französischen Weißwein und das französische Mineralwasser (Badoit), das ich besonders mag. Zur Begrüßung der Gäste habe ich etwa 15 Minuten erzählt und gelesen und mich dann unter die Leserinnen und Leser gemischt, um mit ihnen als Vorspeise kleine Tartines mit Burrata und Spargel, luftgetrocknetem Schinken und Feige, Lachs und Auberginenmousse zu genießen. Zur Begleitung gab es einen zweiten französischen Weißwein, fabelhaft, und ich war so guter Laune, dass ich nach der Vorspeise freiwillig zum zweiten Mal etwas erzählte und vorlas. Als Hauptgang wurde (zu einem französischen Rosé) Boeuf Bourguignon mit karamellisierten Drillingen serviert – und die Stimmung im Restaurant geriet langsam ins Brodeln. Was für ein Vergnügen! Hoch inspirierte Zuhörerinnen, rare Getränke, ideenreich komponiertes Essen und Texte, die mithalten – die Gäste wollten eine dritte Lesung hören. Worauf sich das Dessert (Choux-Variationen mit Erdbeersalat und starkem Kaffee) anschloss. Was soll ich sagen? Zum Abschluss erzählte und las ich sogar noch ein viertes Mal, viele Stunden waren inzwischen vergangen, und als ich mich auf den Heimweg machte, erzählte ich den Bäumen und Sträuchern ringsum die Geschichte eines luftigen, wunderbaren Diners, in dessen Verlauf ich endlich einmal so ganz anders hatte lesen dürfen als sonst.