Rückblick 3

Ich benutze weder Facebook noch Instagram, diese neuen Medien sind nichts für mich. Es liefe darauf hinaus, dass ich täglich unzählige kurze Meldungen oder Nachrichten schreiben oder lesen müsste, um halbwegs mitzuhalten. Entweder ich stürze mich rein in diese Flut (was viel Zeit kosten würde), oder ich lasse es ganz. Tertium non datur.

(Kurze Abschweifung: Ich mag diese Wendung, „tertium non datur“ ist einfach Klasse. Spricht man mich auf so etwas Politisches wie die unsägliche Merkel-Seehofer-Debatte an, sage ich: „entweder – oder, tertium non datur“ – und mein Gesprächspartner starrt mich an, als wäre ich nicht ganz bei Trost. Dabei habe ich insgeheim durchaus noch eine weitere Idee zu diesem Krampf: Frau Merkel sollte Herrn Seehofer bis zu den bayrischen Landtagswahlen beurlauben. Nach dem Motto: ‚Horst, mach Dir mal ein paar schöne Wochen. Entspann Dich! Nach den bayrischen Wahlen darfst Du wieder an den Kabinettstisch zurück!’ Geniale Lösung: Zeitgewinn/Raumgewinn!)

Darüber wollte ich jedoch gar nicht schreiben. Sondern darüber, was der Blog mir bedeutet. An Stelle von Facebook oder Instagram ermöglicht der Blog einen intensiveren und tiefergehenden Kontakt mit Leserinnen und Lesern. Seine Texte öffnen das, was ich immer etwas altmodisch „die Schriftstellerwerkstatt“ (und ihre Einsamkeit) nenne, sehr direkt hin auf die Welt. Endlich nicht mehr ganz allein! Endlich kommt Bewegung in die Askese! Und zwar so, dass ich mich nicht an Genrevorgaben halten muss. Freiheit! Emotion! Verrücktheit! – das ist es, denn, mein Gott: Ein Schriftsteller ist schließlich auch (nebenbei oder vor allem) ein etwas durchgedrehter Mensch, der nicht immer freiwillig und gern jahrelang an Hunderten von Seiten sitzt, die später „Roman“ genannt werden!

Kurze Texte also, spontan entstanden, der Einsamkeit entrissen (ich übertreibe heute ein bisschen …), in möglichst verschiedenen Stimmungslagen, je nachdem, wie ich gerade so drauf bin! Und: Nicht lange nachgedacht, sondern temporeich geschrieben und veröffentlicht! (Und das ohne Lektor, Verleger und Vertrieb – mache ich alles allein, niemand liest meine Texte vor der Veröffentlichung!)

Perfekt wird es dadurch, dass meine Leserinnen und Leser darauf jederzeit reagieren und mir antworten können (immer unter: ortheil.hannsjosef@gmail.com). Solche Antworten haben – anders als viele sonstige Kommentare in den „sozialen Medien“ – den Vorzug, nicht anonym zu sein (ich hasse diese Art von Anonymität …).  Und sie haben zweitens den Vorzug, mehr zu sein als eine Meldung in zwei Sätzen oder eine Nachricht in einem Halbsatz! Stattdessen erzählen mir die Leserinnen und Leser ihr halbes Leben, weit ausholend (ich übertreibe heute wirklich ein bisschen …, aber es ist was dran …)

Summa summarum: Diese Form der Blogtexte ist (für mich) ideal. So etwas habe ich mir immer gewünscht. Inzwischen klappt es und ist im Fluss – und ich habe es endlich geschafft, der mit reichlich Skepsis betrachteten „digitalen Kultur“ etwas Positives abzugewinnen.

Das war’s aber jetzt mit dem „Rückblick“. Ich musste das mal festhalten, um mich (wie sagt man trendbewusst?) „neu zu justieren“. Ab morgen geht es (ohne Trendbewusstsein) wieder um kleine Motive und Themen aus dem Stegreif…, versprochen!