Japanische Küche

Seit einigen Jahren gibt es immer mehr japanische Restaurants in unseren Städten. Sie bedienen eine Neigung zum Einfachen, Klaren, Essentiellen, die in unseren europäischen, meist an der französischen Küche orientierten Menus verloren gegangen ist. Diese widmen jeder Zutat, sei es Fisch, Fleisch oder Gemüse eine aufwendige Verwandlung und kombinieren sie mit lange und raffiniert hergestellten Saucen. In der japanischen Küche ist die Folge der einzelnen Gänge jedoch kein Zelebrieren besonderer Fantasien und Erfindungen. Stattdessen geht es um die intensive Wahrnehmung der Zutaten selbst, um so etwas wie ihr Leuchten, ihre Gegenwart, ihr Aufgehen im möglichst puren Schmecken.

Darüber hat der Koch und Philosoph Malte Härtig ein aufschlussreiches Buch geschrieben (Kaiseki. Die Weisheit der japanischen Küche. mairisch Verlag 2018), in dem er uns während eines solchen Menus von Gang zu Gang begleitet. „Kaiseki“ ist ein Begriff für die Feinheiten der japanischen Hochküche, die der Autor vor allem in Kyoto kennengelernt und studiert hat. Ihre Künste leitet er von Traditionen der altjapanischen Teezeremonien her, die vom Zen-Buddhismus geprägt sind.

Serviert werden die Gerichte nicht auf Tellern, sondern in kleinen Schalen, die ein Gericht eben nicht „ausbreiten“ oder „lagern“, sondern eher (wie eine hohle Hand) „bergen“. In jeder Schale befindet sich eine Zusammenstellung von konzentrierten, sichtbar gemachten Zutaten, deren Eigengeschmack gesteigert erscheint. Solche Kompositionen bleiben minimal, denn sie dienen der Kultivierung des Geschmacks, nicht aber der Sättigung. Man isst sie langsam und achtet auf ihren Bezug zu Umgebung, Raum, Jahreszeit. So sind sie als „Anspielungen“ zu verstehen, die eine „Essensszene“ figurieren.

Danach wird einfacher Reis angeboten – dieser nun wiederum (wenn man mag) zur Sättigung, bis alles auf eine Schale Matcha-Tee zuläuft, der etwas Süßes vorausgeht. „Ein solches Essen“, schreibt Malte Härtig, „gibt Einblick in das Wesen der Dinge. Diese erzählen in ihrer Einfachheit, was sie sind und wie sie zu dem geworden sind, was sie sind. Sie berichten von ihrem Potenzial und ihrem Sein. Sie erzählen von ihrem eigenen Leben – und vom Leben selbst. Von da ist der Schritt zum eigenen Leben nicht weit.“