Seit vielen Jahren einmal wieder im Zoo. Was für seltsame Begegnungen! Fast alle Tiere nehmen einen in ihren Gehegen nicht wahr, sondern führen ein merkwürdig introvertiertes Dasein.
Der Marabu (einer meiner Lieblinge) steht stundenlang wie ein verbitterter Greis im Nichts und bringt es nicht einmal zu einem winzigen Zucken. Die Erdmännchen liegen auf dem Rücken unter hellen Strahlern und tun so, als wären sie im Urlaub am Meer. Das Panzernashorn verlässt seine Tiefbadewanne keinen Moment, sondern suhlt sich schnaubend im Wasser. Nirgendwo eine Reaktion! Löwen, Tiger und Geparde haben nichts anderes als das mittäglich angebotene Fressen im Sinn und gönnen sich nach Verzehr eine unverschämt lange Siesta. Und die königlichen Riesenschlangen bewegen sich den lieben langen Tag gar nicht, sondern verdauen ausschließlich.
Da ist es eine Freude, einer hellwachen Ausnahme zu begegnen! Als ich ihn anschaue, rudert er beflissen heran, stellt die Brillenlinsen scharf, schaut zu mir hoch, meldet die Wassertemperatur, gleitet elegant davon, dreht eine Runde und kommt zu mir zurück, um den Blickkontakt zu erneuern. Hingerissen habe ich eine Patenschaft übernommen und versprochen, seinetwegen ab sofort regelmäßig zu kommen.