Unterwegs mit HJO

In der von der „Deutschen Bahn“ herausgegebenen Zeitschrift „mobil“ könnte neben den neusten Aktionsgerichten der Bordrestaurants (zuletzt: „Frikadelle mit Pilzrahmsosse und Kartoffeln“) sowie vielen anderen Seltsamkeiten bald auch ein Kurzinterview mit dem Schriftsteller HJO (auf der letzten Seite) zu lesen sein. Wir veröffentlichen einen Auszug:

Wohin geht die Reise, Herr O? Ich habe mich kurz vor Semesterbeginn mit meinen Studenten an der Universität Hildesheim getroffen und fahre nun nach Köln, wo ich mir ein Konzert in der Kölner Philharmonie mit der Geigerin Isabelle Faust anhören werde. Was gibt es denn zu hören? Isabelle Faust steht allein auf der großen Bühne und spielt den ganzen Abend solo. Stücke von modernen und alten Komponisten, die kaum ein Mensch kennt. Und das mögen Sie? Ich mag es nicht nur, ich finde es fantastisch. Die Kölner Philharmonie ist einer der schönsten Konzertsäle, die ich kenne, ich gehe, sooft ich kann, hin. Und wenn in diesem wunderbaren Saal eine Geigerin ein ganzes Programm allein bestreitet, ist das eine besondere, einzigartige Sache. Ich liebe solche Solo-Auftritte sehr … Wie vertreiben Sie sich die Zeit im Zug? Ich reise ohne technisches Gerät. Kein Notebook, kein Laptop. Nur ein Notizblock und ein paar Stifte. Ich lese Bücher, Zeitschriften, Zeitungen – und ich schreibe. Nehmen Sie etwas zu sich? Ja, Teinacher Genuss-Limonade Zitrone. Die kaufe ich vor der Reise. Und was essen Sie? Minis von Ritter Sport, sonst nichts. Wo sitzen Sie meist? Im Großraumwagen, Ruhebereich. Schauen Sie auch mal raus? Und ob – immer wieder während längerer Strecken. Ich sauge die Umgebungen richtiggehend in mich hinein. Wie geht denn sowas? Ich gerate in bestimmte Stimmungen, die von den Landschaften mit ausgelöst werden. Es ist, als evozierten sie jeweils eine bestimmte Musik. Welche Musik? Es gibt unverbraucht erscheinende, lässige, weltabgewandte Landschaften, die zum Beispiel den ersten Satz der Holberg-Suite von Edvard Grieg in mir anklingen lassen (man schaue sich auf Youtube die wunderbare Aufführung durch das Camerata Nordica String Orchestra an). Sprechen auch Leser Sie an? Ja, manchmal. Leserinnen fragen, ob ich der Schriftsteller O sei, und Leser kommen oft mit einem Blatt Papier und bitten um eine Signatur. Und was sagen Sie dann? Dass ich nicht O, sondern ein naher Verwandter sei, der häufig mit ihm verwechselt werde. Und das glaubt man Ihnen? Nein, aber es entsteht meist eine sehr muntere Kommunikation, an deren Ende ich zugebe, der Schriftsteller O zu sein. Und warum geben Sie es nicht gleich zu? Die muntere Kommunikation wirkt befreiend und macht aus Fragen und Antworten jedes Mal einen interessanten Sketch. Mögen Sie Sketche? Und wie! Loriot war ihr unübertroffener Meister. Wäre es nach mir gegangen, hätte er dafür mindestens den Büchner-Preis erhalten.