Wenn ich aus dem Süden zum Leben und Arbeiten in den Westerwald kutsche, komme ich mit dem Wagen auf der A 4 nach Limburg auch an dem kleinen westerwäldischen Ort Dernbach vorbei. Unzählige Male bin ich in der Nähe von der Autobahn abgebogen und durch das Dorf in die alte Heimat meiner Eltern gefahren, wo mein Kindheitshaus auf mich wartet.
Aus Dernbach stammt Maria Katharina Kasper (1820-1898), die Tochter einer Bauernfamilie, die von dort aus eine große Bewegung ins Leben gerufen hat, die der „Dernbacher Schwestern“. Zunächst gründete sie einen Verein, dessen Mitgliederinnen sich vor allem den Armen, Alten und Kranken widmeten. Später entwickelte sich daraus ein eigener Orden, der heute Ordenssitze in der ganzen Welt hat.
Viele meiner westerwäldischen Freunde sind in den letzten Tagen nach Rom aufgebrochen, wo die Westerwälderin Maria Katharina Kasper heute auf dem Petersplatz von Papst Franziskus heiliggesprochen worden ist. Ich wäre gerne dabei gewesen.
Stattdessen werde ich während meiner nächsten Fahrt in den Westerwald am Ortsrand von Dernbach haltmachen, wo die Heilborn-Kapelle steht. Sie stammt aus dem späten siebzehnten Jahrhundert: ein kleines Kapellchen unter einer mächtigen Linde. Dorthin soll Maria Katharina Kasper sich oft zurückgezogen haben, um zu beten und zu überdenken, wie sich ihre Ideen in die Tat umsetzen ließen.
Auf Fotografien sieht die Heilige aus wie eine der gestandenen westerwäldischen Frauenfiguren mit Kopftuch auf Fotografien von August Sander. Sie erinnern mich immer an meine eigene Großmutter. Durch Zufall habe ich heute Morgen auch ein Foto der von schwerer Arbeit zerschlissenen Schuhe der Heiligen zu sehen bekommen. „Das sind Westerwaldschuhe“, dachte ich sofort, „solche Schuhe kennst Du seit Kindesbeinen …“