Allerheiligen ist ein stilles Fest, vielleicht auch deshalb, weil diejenigen, die dieses Fest feiern, keinen konkreten Anlass und noch nicht einmal einen einzelnen, konkreten Heiligen vor Augen haben. Die Komponisten der letzten Jahrhunderte hat das in Verlegenheit gebracht, ihnen fehlten die Motive und Themen, auf die sie sich mit ihren Stücken hätten beziehen können. Werke der großen uns bekannten Tonkünstler sind denn auch nicht überliefert, weshalb wir weit zurückgehen müssen, um an Allerheiligen eine Musik zu hören, die sich auch wirklich auf diesen Tag (und das seltsame Fest, bei dem aller Heiligen auf einmal gedacht wird) bezieht.
Ich schlage vor, die Vesper für Allerheiligen des spanischen Renaissance-Komponisten Francisco Guerrero (1528-1599) zu hören. So lernt man auch die Gebete und Texte näher kennen, die sich die kirchlichen Liturgie-Kommissionen für diesen Tag ausgedacht haben.
Als Kölner lausche ich aber noch einem ganz anderen Klang. Fast zwei Jahre war der „Dicke Pitter“, die mächtigste und älteste Glocke des Kölner Domgeläuts, in Reparatur. Heute läutet sie wieder. Wer das Pech hat, diesen Tag nicht in meiner Geburtsstadt zu verbringen, kann den ganz besonderen Klang dieser vierundzwanzig Tonnen schweren Glocke im Netz hören. Es handelt sich um eine echte Lauschaufgabe: Die Abklingdauer des Untertons beträgt einhundertsiebzig Sekunden …