Grissini

Grissini sind eine typische Erfindung der italienischen Küche. Ihre Herstellung ist nicht aufwendig, und man braucht nicht viele Zutaten: Etwas Mehl, Hefe, Wasser, Salz, Olivenöl. Der fertige Teig wird zu schmalen, spitz zulaufenden Stangen gedreht und kommt so in den Ofen. Hinterher müssen sie noch durchatmen und austrocknen, dann sind sie länger haltbar. Knusprig sollten sie schließlich sein, und am schönsten sind sie (siehe Foto), wenn sie noch Luftlöcher, Blasen und Knorpel haben.

Typisch italienisch ist, dass sie kleine, auch ästhetische Skulpturen sind, deren Herstellung durch die Handformung noch deutlich erkennbar ist. Sie sind also „Kunsthandwerk“ mit menschlichen Spuren, ähneln andererseits aber auch Gestalten der Natur. So betrachtet, sind sie braune Stöcke oder Äste, wie man sie jetzt im Herbst auf dem Waldboden findet.

Vor einer Mahlzeit liegen sie in einer Schale oder einem Korb, dicht neben- und aufeinander gestapelt. Man kostet sie als erstes, sie machen Appetit und verlangen nach einem Schluck (Wasser? Wein? Sekt?). So leiten sie die Mahlzeit ein oder konturieren selbst eine Zwischenmahlzeit. In diesem Fall begleiten sie andere Minima (Pasten, Käse oder Schinken, den man um sie herumwickeln kann).

Dass sie nur in Italien entstehen konnten, macht schließlich ihre eleganteste Funktion deutlich: In den Händen einer sich unterhaltenden Runde von Essern dirigieren sie (wie Dirigentenstäbe) die Konversation. Man hält sie mit den Fingern, schwingt sie durch die Luft, knabbert an ihnen, lässt sie sich heben und senken. Bissen für Bissen verschwinden sie langsam im Mahlwerk der Worte, als gehörten sie zu Boccaccios Erzählrunden von Frauen und Männern in den luftigen, schönen Gefilden weit draußen, außerhalb der geschäftigen Stadt.