Gestern Abend, 22.25 Uhr, Kölner Philharmonie – der russische Pianist Arcadi Volodos (siehe meinen Blog vom 17.11.2018) ist dabei, sein Solo-Konzert zu beenden. Da macht ein Zuhörer von den höher gelegenen Reihen aus ein seltenes Foto. Es zeigt einen starken Moment des pianistischen Auftritts, ohne Blumen, ohne Dekor, konzentriert, nur „für sich“.
Volodos hält aufrecht und gerade vor dem schwarzen Tiger inne, der seinen Rachen noch weit aufgesperrt hat und die weißen Zähne der Tastatur zeigt. Die linke Hand beruhigt das Instrument und liegt deshalb auf. Die geschlossene Rechte zeigt nach unten und deutet den Abgang an. Vor den Füssen jedoch steht noch unverrückt der leichte Klavierhocker in Positur und verweist damit auf die Möglichkeit einer letzten Zugabe (und damit eines letzten Verweilens im magischen Raum).
Dieser Raum ist ringsum tiefschwarz, die Strahler markieren das Halbrund um den geöffneten Flügel, aus dem zuvor die Klangwellen ihren Weg in das Dunkel nahmen. So erscheint das Licht wie die nachhallende Ekstase der Töne, Akkorde, Melodien und Rhythmen.
Volodos selbst trägt ebenfalls schwarz, hoch geschlossen. Damit reiht er sich ein in die Palette der Schwarztöne, die seit den ältesten Tagen des Virtuosentums die Dämonie des Auftritts fixieren und zu dem Weiß der Tastatur und den Helligkeiten der Lichtwellen einen starken Kontrast bilden.
Das eigentliche Konzert ist zu Ende und hallt nach. Kurz bevor die Lichter endgültig ausgehen und alles ins Schwarz versinkt, könnte jedoch ein allerletzter Kontakt des Dompteurs mit seinem mächtigen Gegenüber den lautesten Jubel bewirken. Es wäre der eines wehmütigen Abschieds von der Gewalt der letzten Stunden, deren Zauber der nicht enden wollende Beifall noch bis zur letzten möglichen Sekunde zu erhalten versuchen würde.