Innehalten

In vier Wochen ist Heiliger Abend. Höchste Zeit, innezuhalten. Spätestens am ersten Advent sollte die Verlangsamung greifen: Mit zur Jahreszeit passenden Lektüren, Klängen und Bildern. Mit kleinen Kerzen, wie absichtslos in den Räumen verteilt. Mit einem Duft von glimmenden Kiefern- und Tannenzweigen. Mit gelbroten Bratäpfeln und schweren Quitten im Ofen. Mit alter, recht selten gehörter Musik (wie aus weiter Ferne).

Die Räume werden zu warmen Kammern, in die der Besuch aus der Kälte draußen hineinschneit. Plötzlich haben wir Geduld für Spiele, deren Ereignislosigkeit wir sonst meist belächeln. Jetzt aber wollen wir sitzen, erzählen, zuhören und uns in die frühe Dunkelheit fügen.

Die Obstbäume draußen im Garten werden beschnitten. Die letzten und allerletzten Ernten warten auf uns.

Was höre ich? Vladimir Horowitz ist Mitte der achtziger Jahre für ein Konzert in Moskau wieder in seine Heimat zurückgekehrt. Den legendären Abend (Horowitz in Moscow) eröffnet er mit einer Sonate von Domenico Scarlatti.

E-Dur. Das freundliche Anklopfen eines über achtzigjährigen, jahrzehntelang im Ausland lebenden Mannes am verwitterten Holz der heimischen Haustür.