Kölsch, mal so richtig

(Heute auch als Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“, S. 4)

Selten hat das Motto einer Kölner Karnevalssession so viel Aufmerksamkeit erregt wie das dieses Jahres: „Uns Sproch es Heimat“. In einem Interview über diesen Volltreffer stellte sich heraus, dass Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn sich längst in einen brillanten Linguisten verwandelt hat. Losgelegt hat er mit einer Tiefenanalyse des Kölschen Schwadens, wie sie ein Linguistik-As vom Rang eines Noam Chomsky nicht besser hätte hinbekommen können.

„Kölsch“, hat der Präsident theoretisiert, ist eine verbindende, warme, ja umarmende Sprache. Jeder, der sich mit einem anderen Dialekt an den Karnevalstagen nach Köln bewegt, wird das zu spüren bekommen. Der distanzbedachte Schwabe wird seine Distanz schrumpfen lassen, der erdbetonte Bayer wird sich hohe Luftsprünge zutrauen, und den kühlen Hamburger wird die Vollwärmstufe des Kölsch zu einer selten regen Erscheinung machen. An den heiligen Tagen werden an zentralen Plätzen Lilliput-Ausgaben des Wörterbuchs „Kölsch-Hochdeutsch/ Hochdeutsch-Kölsch“ in Massen mit zusätzlichen Begleitkamellen verteilt.

Gesprochen, hat Kuckelkorn weiter ausgeholt, wird dann aber hoffentlich kein Lexikon-Kölsch, sondern das vertraute, aber längst zu selten gewagte Straßenkölsch! Die Kölner sollen sich etwas trauen, angeblich wird alles toleriert, was nach Rheinisch oder Kölsch klingt. Bloß kein akademisches Kölsch, sondern das knubbelige, wie es im Veedel geflüstert wird!

Üben kann man, indem man Kölsche Lieder singt, in jeder guten Kölsch-Kneipe läuft Kölsche Musik, schon aus Einladungs- und Aufwärmgründen. Auch wenn man kein Wort versteht, sollte man mitsummen und mitmachen, das ist die Hauptsache.

Noch geheim gehalten hat Kuckelkorn, dass Kölsche Literatinnen und Literaten eingeladen werden, auf dem Festkomiteewagen am Rosenmontagszug mitzufahren. Während des Umzugs werfen sie eigens angefertigte Taschenbuchausgaben von Adam Wredes Meisterwerk Neuer Kölnischer Sprachschatz unters jubelnde Volk. Die dreibändige, grellrote Ausgabe früherer Tage dagegen erhält jede Kölsche Schule zusätzlich als Geschenk.