Flanieren 2

In meinem Blogtext vom 21. November 2018 habe ich auf eine große Ausstellung über die Figur des Flaneurs hingewiesen (und den dazu gehörenden, informativen Katalog vorgestellt). Ich habe erwähnt, dass der Flaneur eine Großstadtgestalt des neunzehnten Jahrhunderts, jedoch weit darüber hinaus bis heute aktiv geblieben ist. Charakteristisch für sein Verhalten ist das vagabundierende und damit ziellose Umherschweifen durch bestimmte Großstadtviertel, die distanziert wahrgenommen und auf besondere Kuriosa hin befragt und untersucht werden.

Nun war eine solche Freiheit des Blicks und der solipsistischen Bewegung lange Zeit vor allem Männern möglich. Frauen waren häufig in Begleitung unterwegs oder hatten ganz andere Ansprüche als die einer passiven, ästhetisierenden Versenkung in Umgebungen.

Wie aber „erobern“ Frauen, die allein unterwegs sind, die Großstadt? Gibt es neben dem männlichen Flaneur auch die Gestalt der Flâneuse – und was zeichnet sie aus? Die amerikanische Schriftstellerin Lauren Elkin ist dieser interessanten (und bisher nur sehr selten gestellten) Frage in einem Buch nachgegangen (Lauren Elkin: Flâneuse. Frauen erobern die Stadt – in Paris, New York, Tokio, Venedig und London. Aus dem Englischen von Cornelia Röser. btb 2018).

Darin stellt sie Frauen vor, die seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts auf sehr individuelle Weise neue Formen des Großstadtkontakts entworfen haben. Sie haben mit denen ihrer männlichen Kollegen wenig gemein, sind aktiver, lustvoller und setzen sich dezidiert auch den Gefahren (und den damit verbundenen „Abenteuern“) einer Großstadt aus.

Lauren Elkins Buch ist eine Studie zur Geschichte des weiblichen Flanierens, lebt andererseits aber auch von den heftigen Impulsen, die „geradewegs“ auf eine subjektive Erzählung von alldem zielen, was genau jetzt, in der Gegenwart, alles so möglich ist. Dann schaut die Autorin ganz auf sich selbst und entwirft ein Spektrum des schönen Aufbruchs: „Ich will zu Fuß gehen, in meinem eigenen Tempo. Ich will spüren, wie das Leben durch mich hindurch- und um mich herumfließt. Ich will Drama. Ich will überraschende gerundete Straßenecken. Ich will aufregende Kirchen, hübsche Schaufenster und Parks, in die ich mich legen kann…“

Wie, frage ich mich angesichts einer solchen Passage, sähe in einem solchen Fall eine männliche Begleitung aus? Wäre sie überhaupt möglich? Und wie könnten „die beiden“, einmal zusammen unterwegs, eine kommunizierende Form des Flanierens finden? Stoff für ein weiteres Buch?! Über flanierende Paare?! (Aber habe ich nicht genau darüber bereits in meinen drei (so genannten und oft mißverstandenen) „Liebesromanen“ geschrieben: Wie „Flanieren zu zweit“ aussehen und gelingen könnte? Ja?! Habe ich?! Stopp. Aus. Lass Dich bitte nicht durcheinander bringen…, Du bist mit etwas Anderem sehr beschäftigt…)