Die Ergriffenheit

So war das, solange ich mich an Karfreitage erinnern kann: vom frühen Morgen an war man von einer „Ergriffenheit“ befallen, die einen regelrecht lähmte und der man nicht entkam. Laufend Musik im Ohr – Arien und Chorpassagen aus Johann Sebastian Bachs Passionen oder aus den Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz von Joseph Haydn (wobei ausgerechnet das knappste („sitio“ = „mich dürstet“) von stärkster Wirkung war), später dann Spaziergänge über die Felder, auf denen man lauter spaziergehenden Menschen begegnete, die kaum ein Wort redeten, in sich zusammengesunken, als wäre an diesen Tagen wirklich gerade „der Heiland gestorben“. Erstarrung, stupor – das war es, man brachte kaum ein vernünftiges Wort hervor und entzog sich, bis in die Nacht, als man erst bemerkte, dass man den Tag über fast nichts zu sich genommen hatte außer etwas Wasser und einen einzigen, aus dem Winterlager herausgekollerten Apfel.