Diese wunderbaren Tage, an denen man noch früher aufsteht als sonst, morgens gegen Fünf, wenn das erste Licht da ist und ein schwacher Wind die Erdlungen durchpustet und man glaubt, unendlich viel Zeit zu haben und eine Flasche Wasser der Nachtexpedition hinterherschickt, heute kein Rasieren, kein Duschen, das Wasser ist ja eh allüberall, und man lässt sich in die kleinen Rinnsale fallen und schwimmt mit ihnen bergabwärts, die Winde kehren noch ein wenig die Astgabeln frei, und man ist sowas von gut drauf und hat lauter auf den Punkt zugespitzte Gedanken, alle Fenster sperrangelweit auf, die Kühle noch greifbar – und dann öffnet sich der riesige Schlund aus Gelb, Orange und Blutrot und sprengt die Verhältnisse, und Du schließt Dich ein ins Dunkel, stundenlang, während sich draußen der gewaltige Ofen inszeniert, fauchend und mit einer gelassenen Kraft, die Du sonst nur aus Rom kennst, und Du bist wieder Teil der asketischen Zeiten der Jahrhunderte nach Christi Geburt, als die Asketen in Höhlen lebten und ausharrten und Michel Foucault sie besuchte, um ihnen die Beichte abzunehmen … (Lektüre des Tages – Michel Foucault: Sexualität und Wahrheit. Vierter Band: Die Geständnisse des Fleisches. Aus dem Französischen von Andrea Hemminger. Suhrkamp 2019)