Von Amélie Nothomb habe ich bisher noch kein einziges Buch gelesen. In letzter Zeit bin ich aber auf einige ihrer Interviews gestoßen, die mich interessieren, weil sie von den Ritualen ihres Schreibens gesprochen hat.
Jeden Morgen steht sie gegen vier Uhr auf und trinkt danach einen halben Liter „zu starken schwarzen Tee“. Dann arbeitet sie (mit einem schlichten Bic-Kugelschreiber) an einem Roman, „vier Stunden lang, ohne Unterbrechung“. Wenn andere Menschen aufstehen, hat sie ihr „Tagwerk“ getan und verschwindet später in ihr Verlagshaus, um Leserpost zu beantworten. Sie behauptet, ein „zu 100 Prozent analoger Mensch“ zu sein. Kein Handy, kein Internet. Abends, gegen 18 Uhr, leert sie alle zwei Tage mit einem Freund eine Flasche Champagner.
Solche überdreht wirkenden Informationen haben mich neugierig gemacht. Auch ich bin ein Frühaufsteher – eine Aufstehzeit um vier Uhr morgens wäre mir aber zu früh. Danach etwas Starkes zu trinken, könnte ich mir ebenfalls vorstellen, schwarzer Tee käme aber nicht in Frage. Mehrere Stunden am Stück hintereinander mit der Hand zu schreiben – das ist auch mein Verfahren am weiteren Morgen. Ein „zu 100 Prozent analoger Mensch“ bin ich dagegen nicht, bemühe mich aber, den Einfluss der digitalen Welten auf mein Leben so gering wie möglich zu halten.
Bleibt der abendliche Champagner. Statt Champagner trinke ich Wein, nichts Besonderes, sondern einen guten aus der jeweils nahen Region.
Die Arbeitsrituale von Madame Nothomb und meine eigenen überschneiden sich also hier und da in auffälliger Weise. Was zur Folge hat, dass ich auf ihre Romane neugierig geworden bin. Womit soll ich anfangen? Ich habe mich für Die Kunst, Champagner zu trinken (Diogenes Verlag) entschieden. Mal sehen, wie verführbar ich bin …