Mein Lebensbuch dieses Herbstes

Was ist das: ein „Lebensbuch“? „Lebensbücher“ sind Bücher, die ich einige Wochen mit mir herumtrage. Es sind Taschenbücher, in denen ich etwas anstreiche, an deren Seitenrändern ich eine Textstelle kommentiere und auf deren leere Partien ich tagebuchartige Aufzeichnungen unterbringe.

Aus einem gedruckten Buch entsteht ein „Lebensbuch“, indem ich den gedruckten Text gleichsam in mein Leben tauche und Spuren dieses Lebens in ihm hinterlasse. Das heißt: Ich lasse mich durch ein solches Buch animieren, leiten, anregen und schreibe hinein, was an neuen Texten dadurch entsteht.

„Lebensbücher“ sind Bücher, die ich sehr mag und in denen ich täglich, immer wieder, zu den verschiedensten Tageszeiten, lese. Es sind Bücher, die ich nie „auslesen“ werde, weil sie zu jeder Zeit Neues und Stimulierendes anbieten. Sie kommen mir vor wie „für mich geschrieben“, als wären die jeweilige Autorin oder der jeweilige Autor mit mir verwandt.

Mein Lebensbuch dieses Herbstes ist von Roland Barthes und hat den Titel Über mich selbst. Ich kenne dieses Buch schon seit Jahrzehnten, jetzt liegt es endlich auch als Taschenbuch bei Matthes & Seitz vor. Dadurch hat es nun genau das richtige Format, den richtigen Druck, das richtige Papier – ich könnte es geradezu verschlingen. Aber nicht doch: Ich soll es nicht verschlingen, sondern „füllen“ und um meinen Beitrag verdoppeln.