Was ist die SALA und was nicht

Die SALA Ortheil, die ich vor wenigen Tagen in Wissen/Sieg eröffnet habe (Mittelstraße 16), ist kein Museum und auch kein Ausstellungsraum. Vergegenwärtigt man sich ihre Vergangenheit, so ist sie ein normaler Verkaufsladen im Zentrum von Wissen. Ich habe ihn entkernen und renovieren lassen, er strahlt heute an den Wänden in schlichtem Weiß und hat einen ochsenblutroten, glatten Boden. Keine Pfeiler und Pfosten, keinerlei Unterteilungen, sondern ein Raumganzes von etwa achtzig Quadratmetern.

An den Wänden befinden sich etwa fünfzig Fotografien aus der fotografischen Sammlung meiner Eltern, Fotos ihrer Geburts- und früheren Wohnhäuser (in Wissen), ältere Fotos von der Stadt, genealogische Fotos von den beiden elterlichen Familien, denen ich entstamme, Fotos von dem Kind, das ich einmal war. Es sind „Herzensbilder“, die ich ausgewählt habe, weil jedes von ihnen eine Anregung für mein Schreiben bedeutete und in einem meiner Bücher eine inspirierende Rolle spielt.

Daneben gibt es einige ältere Möbel aus dem Möbellager der Familie, so die Wohnzimmereinrichtung meiner Eltern aus dem Berlin von 1939/1940, ein Sofa, zwei Sessel, ein Tisch, ein Küchenbüffet, eine Uhr, ein Radio. Sie markieren eine Vergangenheit, der ich mich zum Beispiel in meinen Büchern Hecke, Blauer Weg, Die Berlinreise besonders ausführlich gewidmet habe.

Außerdem noch zwei Glasvitrinen: eine mit meinen Schreibmaschinen (seit den fünfziger Jahren) und eine mit Kinderspielzeug.

Schließlich noch zwei Regale: Eins mit Büchern der elterlichen Bibliothek, eins mit jenen meiner Bücher, die sich auf meine westerwäldische Herkunft beziehen.

Ein kleiner Schreibtisch steht zwischen ihnen, er ist das Zitat der vielen Arbeit, die all diese Materialien miteinander verbindet. Darüber hinaus ist er aber auch ein Möbelstück, das in die Zukunft verweist. An diesem Schreibtisch werde ich dann und wann sitzen und schreiben und den Raum dadurch in ein Arbeitszimmer verwandeln, dessen unterschiedliche imaginative Welten mich inspirieren.

Im Italienischen gibt es für all das ein schönes Wort: Studiolo …- was soviel meint wie „Studio“ oder „Imaginarium“ (hätte Roland Barthes gesagt). In einem Studiolo arbeitet ein Schriftsteller, umgeben von Bildern und Gegenständen, die er liebt, an seinen Werken. Dahin zieht er sich oft zurück, so dass der Raum den Charakter einer Klause erhält und sein dort stattfindendes Leben in eine Klausur verwandelt.

Ein solcher Raum wird dann und wann aber auch für Freunde, Gäste oder Gesprächspartner geöffnet. Dann lässt der Schriftsteller sie an seinen Arbeitsprozessen teilhaben. Genau darin bestehen die Aufgaben der SALA: ein privates Studio mit imaginativem Charakter zu sein, aber auch ein öffentlicher Salon, in dem ich Menschen empfange, die sich für meine Arbeit interessieren.