Daniil Trifonow hat nun auch das erste und dritte Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow eingespielt, nachdem er im vorigen Jahr das zweite und vierte vorgelegt hat. Damit hat er sich allen vier Klavierkonzerten von Rachmaninow gewidmet.
In einem ausführlichen Interview in der FAZ (vom 14. Oktober 2019) hat er davon erzählt, dass er das zweite oft unter Wasser, im Swimmingpool, geübt habe. Unter Wasser treffen die Hände auf einen gewissen Widerstand, und die Neigung, aufs Ganze, Laute oder Extreme zu gehen, wird blockiert. Das Spiel lässt sich dadurch feiner nuancieren, was dem Hang Rachmaninows, seine Melodien über lange Distanzen zu führen, entgegenkommt.
Das zweite und dritte Klavierkonzert sind rare Schöpfungen, weil das Klavier in allen Sätzen dieser Konzerte dominant ist. Es gibt die Melodien vor, es führt sie weiter, es lässt das Orchester hinterher- oder nebenherlaufen. Die anderen Instrumente dürfen höchstens hier und da aufseufzen, wehklagen oder mitschwimmen im Strom eines wunderbaren Gesangs, der seine Wurzeln in der altrussischen Musik hat.
Rachmaninows Musik macht süchtig. Wenn ich diese Einspielungen mehrmals höre, bekomme ich sie nicht mehr aus dem Kopf. Sie singen in mir weiter und verdrängen jede andere Musik.
Trifonow hat sich für eine Gesamteinspielung der Konzerte entschieden. Das ist die traditionelle Variante eines Umgangs mit den großen Werken der Meister. Von Igor Levit hört man, dass er gerade die 32 Klaviersonaten Beethovens eingespielt hat, während Martha Argerich in einem Gespräch erläuterte, dass sie von den fünf Klavierkonzerten Beethovens nur wenige spielt, das bekannte fünfte zum Beispiel überhaupt nicht. So macht sie darauf aufmerksam, dass selbst die anerkanntesten und berühmtesten Werke Klavierstücke sind, die sich einem Interpreten entgegenstellen können. Er/Sie findet keinen Zugang zu ihnen, sie wirken auf ihn versperrt, wollen nicht klingen, passen nicht zum inneren Kosmos der Klangerwartungen.
(Ich erinnere mich gut, welchen Umweg ich früher um die Klaviersonaten Franz Schuberts machte. Ich hörte sie sehr gern, aber ich mochte sie einfach nicht spielen. Interessanter Fall, etwas für die „Analyse“ …)