In meinem alten, früheren Leben habe ich wenig geträumt und mich nur selten an Träume erinnert. Jetzt aber ist vieles ganz anders – so auch das Träumen. Ich träume Tageslektüren weiter, ich inszeniere in Träumen gesehene Filmszenen neu, ich führe lange Unterhaltungen mit Menschen, die ich während des Tages getroffen oder mit denen ich (meist nur kurz) telefoniert habe.
Kurz vor dem Schlafengehen lese ich ein SPIEGEL-Interview mit der französischen Schauspielerin Fanny Ardant. Auf dem Foto sitzt sie auf einer roten Bistrogarnitur, blickt aber nicht in die Kamera, sondern etwas verlegen auf den leeren Tisch und ihre linke Hand. In der rechten hält sie (fast demonstrativ) ein Glas Weißwein, anscheinend gut gekühlt. Im Interview wird sie zuletzt gefragt, was sie in Paris denn so mache, wenn sie nicht arbeite. Sie antwortet: „Eigentlich nichts Besonderes. Ich laufe in der Stadt herum, ich liebe Paris… Ich gehe allein ins Kino. Ich spiele Klavier. Oder ich liege auf dem Bett, lese und esse Schokolade. Herrlich…“
Wenig später bin ich in einem Traum mit Fanny Ardant in Paris unterwegs. Sie hat sich bei mir eingehängt und spricht rasend schnell Französisch. „Komm, wir trinken ein Glas Weißwein zusammen“, sagt sie – und wir tun genau das und überlegen, welchen Film wir uns anschauen wollen. „Danach spielst Du Klavier, ja?“ fragt sie, und ich kann mich nicht wehren, sondern stimme zu, ja, danach spiele ich Klavier. Und ich höre, wie sie „merveilleux“ sagt, immer wieder, „merveilleux“ – und ich erwache und flüstere „merveilleux“, wie in den alten Tagen.