Im Esszimmer meiner Freundin Berta hängt an der Hauptwand, für alle gut sichtbar, eine breite, große Kreidetafel im Hochformat. Jedes Familienmitglied kann darauf während eines Tages notieren, was ihm durch den Kopf geht. Etwas, das ihm wichtig erscheint und das er/sie aufbewahren will.
Oft sind es auf den ersten Blick geringfügige Dinge oder Angelegenheiten („Eben ist meine alte Armbanduhr zum ersten Mal stehen geblieben. Was nun?“/ „Pappa isst seit etwa einer Woche viel mehr als früher. Habt Ihr eine Ahnung, warum?“/ „Skispringen ist sehr langweilig. Ich sitze nur vor dem TV, um Euch Gesellschaft zu leisten…“)
Die Notate machen sichtbar, was sonst verschwiegen oder „unter den Tisch gefallen“ wäre. Häufig entwickeln sich durch ihre Lektüre längere Gespräche.
Berta hält jeden Tag (mit roter Kreide) die Mahlzeiten fest, die sie zusammen mit den Kindern in der Küche zubereitet hat („Mittags: Trockener Basmatireis mit Paprikagemüse und viel Chili“/Abends: „Körnerbrote mit Camembert, Raclette, Bergkäse, großer Salat, Rotwein aus Südtirol“ etc.).
Am Morgen des folgenden Tages wird ein Foto von der Tafel gemacht und an alle Familienmitglieder verschickt. Dann wird die Tafel ausgewischt und neu beschrieben.
Was für eine wunderbare Idee, oder?! (Ich kann nicht verschweigen, dass ich sie Berta in den Kopf gesetzt habe. Um die Gespräche in ihrer Familie (sie hat drei Kinder) anzukurbeln. Um dem Leben eine „Mitschrift“ zu geben.)
Ich liebe „Mitschriften“. Mein halbes eigenes Leben besteht daraus.