Burning

Seit kurzem studiere ich südkoreanische Filme – wie etwa Parasite, der als einer der Favoriten für den diesjährigen Oscar gehandelt wird (gerade auch hier und da in den Kinos!).

Zuletzt habe ich Burning gesehen – und war sehr überrascht, als die männliche Hauptfigur auf die Frage, welches Studium sie hinter sich habe, antwortete: „Kreatives Schreiben“! Wie bitte? Wirklich?!

Sofort versuchte ich mir vorzustellen, wie man in Südkorea „Kreatives Schreiben“ unterrichtet. Nach den bekannten amerikanischen Methoden des „Creative writing“? Nach Methoden, die Momente der alten asiatischen Kulturen integrieren? Ich geriet ins Fantasieren darüber, wie ich selbst (behelfsmäßig, aber doch hoffentlich ideenreich) asiatische Methoden des „Kreativen Schreibens“ entwickeln würde. (Es wäre auf jeden Fall einen Versuch wert…)

Während meiner weiteren Nachforschungen stellte sich heraus, dass das Drehbuch von Burning Motive einer Erzählung von Haruki Murakami mit dem Titel Scheunenabbrennen verarbeitet (Übersetzung in dem Band Der Elefant verschwindet). Das hätte mir zu denken geben können, wenn… – ja, wenn ich zumindest einmal in meinem Leben einen Text von Murakami gründlich gelesen hätte. Xmal habe ich es versucht (viele meiner Freunde lesen Murakami, als wäre dieser Autor ein Allheilmittel gegen fast alles, zum Beispiel gegen Fantasielosigkeit, eine enorm verbreitete Krankheit…) – ich hatte aber immer nach wenigen Seiten aufgegeben: Nein, das ist nichts für mich!

Seltsam jedoch – denn auch ohne Murakami gelesen zu haben, spürte ich genau, dass es in Burning viele Murakami-Momente zu geben schien, die typisch für diesen Autor sind. Wie aber konnte ich das erkennen, ohne Murakami gelesen zu haben?

Während ich den Film sah, wurde es immer mysteriöser. Hatte ich erwartet, mehr über das „Kreative Schreiben“ zu erfahren, wurde ich arg enttäuscht. Zwar wurde der junge, männliche Hauptdarsteller immer wieder gefragt, an welchem Text er gerade arbeitete. Er wich jedoch aus und verlegte sich aufs Hinhalten. Es war auch nicht zu erkennen, dass er überhaupt an einem Text arbeitete, während um ihn herum eine Geschichte entstand, die er unbedingt hätte erzählen können (eben die des Films). Nur während einer sehr kurzen Passage sah man ihn ein paar Zeilen tippen, das war aber schon alles.

Mein Gott, dachte ich laufend, nun schreib doch alles auf, was Du siehst! Notiere! Erzähle! Stell Dich nicht so an! Such nicht weiter nach Ausreden! Setz Dich hin!

Schließlich hatte mich die Geschichte des Films so gepackt, dass ich sie, noch während ich den Film sah, hätte weitererzählen können! Bis in jedes Detail sah ich das mögliche Ende voraus. Und als der männliche Hauptdarsteller am Ende in seinem alten Laster übers Land fuhr, hatte ich das Steuer übernommen und flüsterte ihm zu: Jetzt fahren wir in Dein Elternhaus – dort fängst Du endlich an, diese Geschichte zu erzählen – und ich höre Dir zu, und wir hören zusammen Musik, und Du wählst sie aus…, und…