In Zeiten des Coronavirus, da viele von uns zu Hause bleiben, erscheinen mir jene Bücher besonders interessant und ergiebig, die unser Zusammensein beleben und fördern. Deshalb verstehe ich nicht, warum in vielen Leselisten im Netz jetzt Titel mit den Themen „Seuche“, „Pest“, „Bakterien“ als erstes genannt werden. Soll ich mich wirklich in solche Bücher vertiefen – und das am Ende noch allein?!
Ich werde in diesem Blog einige andere Vorschläge machen und auch gleich erklären, wie ich mir das Lesen in diesen Zeiten vorstelle.
Agneta Blomqvist (geb. 1942) und Lars Gustafsson (1936-2016) kannten sich seit 1958, aber erst 2015 haben sie geheiratet. In den letzten Lebensjahren des bekannten schwedischen Schriftstellers haben sie sich ihre Kindheiten erzählt.
Entstanden sind leuchtende Porträtskizzen, die das Thema „Kindheit“ ernst nehmen und danach fragen, welche Lebensentwürfe dieses Alter vorgezeichnet hat. Unangestrengt und doch konzentriert erkundet das Paar seine ersten Wahrnehmungen, die unterschiedlichen sozialen Räume, in denen die beiden aufwuchsen – und vor allem die Menschen, die sie in ihren Kinderjahren begleitet und tiefen Eindruck hinterlassen haben.
Ein solches Erzählen könnte die Grundlage für ein Gesellschaftsspiel ersten Ranges sein: Man setzt sich in kleiner Runde zusammen und erzählt einzelne Begebenheiten und Szenen der eigenen Kindheit. Die Älteren erzählen den Jüngeren, aber auch die Jüngeren und Jüngsten erzählen, woran sie sich erinnern (auch Kinder in noch niedrigem Alter haben bereits „Erinnerungen“, aber ja!).
Als Starthilfe für solche Erzählrunden könnten alte Fotografien, Zeichnungen, Dokumente oder auch Gegenstände/Dinge taugen, die ihr Leben mit uns geteilt haben.
Unterhaltungen dieser Art könnte man aufzeichnen (schriftlich, aber auch mit einem Diktiergerät etc.) und an Freunde, Bekannte und andere Lieben schicken. Um einen positiven Virus in der Welt zu implantieren: den des intensiven Erzählens eigenen Lebens…
Buchtipp 1: Agneta Blomqvist/Lars Gustafsson: Doppelleben. Carl Hanser Verlag 2020)
(Aztekische Chroniken)