Dies hier ist der achthundertste Eintrag in meinen Blog. Jubiläum! Feststimmung! Ausgelassenheit (mit dazu gehörenden leicht albernen Reaktionen!)
Wie auch immer: Heute darf ich mal ausgelassen und albern sein und in den Abend hinein durchdrehen. Loriot hat mir die Stichworte gegeben:
Herr Professor Ortheil, seit über fünfzig Jahren lehren Sie karitatives Schreiben und Kulturmodulismus an der Universität Hilversum. Was ist eigentlich karitatives Schreiben?
Ich lehre seit nunmehr dreißig Jahren Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Stiftungsuniversität Hildesheim.
Was ist eine Stiftungsuniversität?
Lassen wir das, Sie verstehen es sowieso nicht.
Kann man denn Schreiben überhaupt lehren?
Mann Gottes, diese saudumme Frage hat man mir bereits gefühlte tausendmal gestellt. Fällt Ihnen nichts Besseres ein?
Es heißt, zum Schreiben gehöre Talent. Wie entdecken Sie in Hilversum Talente?
Ich arbeite nicht mit Talenten, das wäre ja noch schöner. Meine Bemühungen dienen ausschließlich jungen Genies.
Genies?! Wie entdeckt man denn die?
Durch intensive Musterung, etwa eine Woche lang. Dann kann ich jedem Möchtegerngenie auf den Kopf zusagen, ob er auch ein wirkliches Genie ist.
Wahnsinn! Und wie genau machen Sie das?
Ich lese sechs Probetexte und führe mit dem Möchtegerngenie täglich ein Gespräch von sechs Stunden. Danach weiß ich alles.
Haben Sie sich noch nie geirrt?
Machen Sie Witze?! Natürlich irre ich mich nie. Ich habe den deutschen Buchmarkt um ungezählte Genies bereichert.
Als da wären?
Mariana Leky, Leif Randt, Kevin Kuhn, Thomas Klupp, Mario Götze…
Mario Götze?! Meinen Sie den Fussballer?
Mario Götze ist ein Pseudonym. Dahinter verbirgt sich ein noch verkanntes Junggenie ersten Ranges, das bald auf dem italienischen Buchmarkt Erfolg haben wird.
Auf Italienisch?!
Der italienische Buchtitel wird Giochiamo sotte le stelle lauten.
Und der deutsche?!
Der deutsche… – Das Tor, das ich nie schoss…
Aha! Junggenies können also auch verkannt sein oder bleiben?
Natürlich. Dann muss ich nachhelfen und ein paar Raketen zünden. Damit war ich noch immer erfolgreich.
Von welchen Raketen sprechen Sie?
Physische und psychische Zuwendungen für Institutionen, die Preise oder Stipendien vergeben. Versteckt arbeite ich in gefühlt dreißig Jurys mit.
Und was oder wie genau wenden Sie zu?
Das werde ich Ihnen gewiss nicht auf den Leim schreiben!
In Hilversum sollen Hunderte von Schreibern studieren. Was machen Sie mit all jenen, die keine Junggenies sind oder werden?
Die dürfen den Hof der Domäne Marienburg fegen, Veranstaltungen organisieren und im großen Park der Domäne Agrarprodukte anbauen.
Agrarprodukte?!
Radieschen, Schnittlauch, Zwiebeln, Rettiche, Blumenkohl, Erbsen, Tomaten, Salat…
Danke, das reicht! Ich hatte keine Ahnung, dass junge Schreiber Radieschen anbauen müssen.
Na, von was haben Sie überhaupt eine Ahnung?! Radieschen sind mein Lieblingsgemüse, sie sind die Grundsubstanz der konfuzianischen Methode des Lehrens.
Aha! Interessant! Was ist die konfuzianische Methode?
Gründliches Ackern und Fegen, Schweigen, schlichte Kleidung tragen, in Hildesheims katholischen Kirchen Ministrantendienste verrichten.
Und damit haben Sie Erfolg gehabt?
Hildesheim ist die einzige Stadt Deutschlands, in der es keinen Mangel an jungen Priestern gibt. Der Herr Bischof weiß gar nicht mehr, wohin mit ihnen.
Ach, wie schön! Zum Abschluss noch zwei eher private Fragen: Lieben Sie selbst Hilversum? Leben Sie gerne dort?
Ego sum Hildensemensis…
Wie bitte?
Lernen Sie Latein! Dann haben Sie wenigstens in Coronazeiten etwas Befriedigendes getan!