Das Gesicht hinter der Maske

Szene in einer Buchhandlung, seit einigen Tagen wieder geöffnet. Der Kunde tritt ein, vorbildlich maskiert. Die Buchhändlerin starrt ihn an: Herr Dübel? Moment, nein, Sie sind gar nicht Herr Dübel! Herr Spange? Ach was, der sind Sie auch nicht! Mein Gott, wie Masken das Gesicht doch verschleiern!

Recht hat sie! Das Tragen der Masken bedeutet eine neue Erfahrung. Sie legen einen Schleier vor das Gesicht. Nehmen wir ihn ab, erkennen wir das scheinbar bekannte und vertraute Antlitz neu. Es schält sich heraus, ist wieder da, aber anders als früher.

Wir erkennen die Breite der Stirn, den Schwung der Nasenflügel, die Farbe und Form der Augen, die Trichter der Ohren, die Linien der Lippen, das Lager des Kinns. Plötzlich ist das Gesicht eine poröse, hügelige Landschaft, und ihr Studium ist das der Physiognomik.

Gehen wir jetzt durch eine Galerie/ein Museum mit Porträtbüsten bekannter Figuren, werden wir anders sehen. Kaiser Augustus schlägt die Augen auf, und sein Gesicht leuchtet dramatisch.