Heute begibt sich Chefdiplomat Heiko Maas in eine Videokonferenz mit zehn Außenministern unserer besonders geliebten Urlaubsländer, um darüber zu beraten, wie wir Sommerferien auf einem Bauernhof in Kleindaddelbach vermeiden und stattdessen nach Frankreich, Italien, Spanien oder Griechenland reisen. Höchste Zeit also, Reiseziele zu orten und mit der Vorbereitung zu beginnen.
William Turner (1775-1851) ist einer meiner Lieblingsmaler. Besonders haben mich die Techniken beschäftigt, mit denen er seine größeren Bildentwürfe konzipierte. Turner arbeitete nämlich mit Skizzen und Studien, von denen sich auf vielen losen Blättern fast zwanzigtausend erhalten haben. Beinahe täglich hielt er Eindrücke von Städten, Landschaften und Menschen fest – und das oft so flüchtig, dass auf ihnen lediglich einige starke Farbakzente zu erkennen sind.
Dadurch ist William Turner einer der ersten abstrakten Maler geworden, der für die Techniken des angedeuteten Konzepts Orte und Räume suchte, die für dieses Skizzieren besonders geeignet waren. Einer von ihnen war Venedig, dessen Wasserfarben einen Unter- und Hintergrund für die aufliegenden horizontalen Schichtungen von Küsten und Wolken boten.
In meinem Roman Im Licht der Lagune habe ich die Geschichte eines jungen Zeichners und Malers erzählt, der im Venedig des späten 18. Jahrhunderts ein Vorläufer Turners ist. Seine malerischen Studien führen ihn zur abstrakten Malerei, die Turner als erster auch öffentlich in Szene setzte.
Dessen Vorstudien und lose Blätter sind in der wunderbaren Ausstellung Turner. Peinture et aquarelles des Musée Jacquemart-André in Paris zu sehen. Ursprünglich sollte sie nur bis zum 20. Juli 2020 gezeigt werden, sie wird aber verlängert. Also: Nichts wie hin!
Als Einstimmung für Zuhause empfehle ich J.M.W. Turner: Wolken. Das Skizzenbuch „Skies“, das 2019 im Hirmer Verlag, München erschienen ist. Mit seiner Hilfe kann man Turners Arbeitsweise minuziös studieren.
Mich haben viele der Skizzen noch stärker beeindruckt als die sich anlehnenden Bilder und Gemälde. Vielleicht auch deshalb, weil ich selbst mein Leben lang so gearbeitet habe: skizzierend, andeutend – und darauf aufbauend: einen Werkzusammenhang entwerfend.