(Heute auch als Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“, S.4)
Seit meine Freunde die Bilder vom Besuch Armin Laschets bei Papst Franziskus in Rom gesehen haben, besteht für sie nicht mehr der geringste Zweifel, dass er der nächste Kanzlerkandidat der Union sein wird. Wie er da in seinem dunklen Kommunionsanzug exakt auf Augenhöhe mit dem gut gelaunten Pontifex in dessen Privatgemächern vor einem leer geräumten Schreibtisch saß, erkannten alle, dass ihm das so schnell niemand nachmacht.
Natürlich sind die beiden tief ins Existentielle abgetaucht und haben sich dem naheliegenden Thema der neuen Enzyklika „Fratelli tutti“ – wörtlich: Alle (sind) Brüder – gewidmet. US-Außenminister Pompeo hatte sich mit in den Brüderbund einreihen wollen, war aber nicht vorgelassen worden, schließlich befindet er sich – anders als Laschet – im Wahlkampf.
Ganz Staatsmann mit außenpolitischem Flair überbrachte der Aspirant auf den CDU-Vorsitz die Grüße seiner mutmaßlichen Vorgängerin Angela Merkel und beantwortete Fragen dazu, wie der Papst die innenpolitischen Debatten in der CDU bewerte, mit sokratischer Gelassenheit: „Der Papst weiß mehr, als wir glauben.“ Was wir in Deutschland momentan so alles glauben, spielt da keine Rolle, der Papst weiß es sowieso und zieht daraus seine Schlüsse.
Da Armin Laschet inzwischen mehr weiß, als er sagt, glaubt er fast sicher, dass der Papst seine Einladung nach Nordrhein-Westfalen annehmen wird. 2021 steht wieder die Wallfahrt zu den großen Aachenern Heiligtümern an. Schon zur Zeit Karls des Großen reisten die ersten Pilger in Laschets Geburtsstadt, und da Laschet ja wahrscheinlich von Karl dem Großen abstammt, könnten die Pilgerzüge als Teil seiner Krönung zum neuen Kanzlerkandidaten fungieren.
Das würde endlich mal wieder an die alte deutsche Geschichte erinnern, als Karl der Große noch „Europa“ war. Auf diesem europäischen Weg liegt Laschet meilenweit vor Politikern, die zum Beispiel aus Brilon stammen und in der Jugend, statt den Katechismus auswendig zu lernen, Tag und Nacht Gitarre gespielt haben. Laschet sang fleißig in einem Jugendchor.
In Rom könnte er Papst Franziskus versprochen haben, ihm nächstes Jahr im Aachener Dom den Thron zu präsentieren, auf dem dreißig deutsche Könige einst nach ihrer Krönung Platz nahmen. Der Pontifex soll schon jetzt sehr beeindruckt gewesen sein und eine weitere, dann auch an die weiblichen Brüder (besser bekannt als Schwestern) gerichtete Enzyklika in Aussicht gestellt haben: „Sorelle tutte“.