(In dieser Woche ist mein Buch In meinen Gärten und Wäldern erschienen. Hier das Motto und das Vorwort.)
„Die stille, reine, immer wiederkehrende, leidenlose Vegetation tröstet mich oft über der Menschen Not…“
(Goethe an Lavater, 9. April 1781)
Vor einem halben Jahr hatte ich eine komplizierte Herz-Operation zu überstehen, deren nicht nur gesundheitliche Folgen mich lange beschäftigt haben. Während meiner Erkrankung begann ich, Texte und Fotografien aus den Jahren vor der Operation wieder anzuschauen. Sie porträtierten Mikrokosmen jener Gärten, in denen ich seit Jahrzehnten lebe.
Sie liegen in einem großenteils steilen früheren Weinberggelände im Stuttgarter Süden, von dem aus ich auf die Stadt blicken kann. Auch in den angrenzenden Wäldern sowie in den Waldlandschaften in der Umgebung meines Westerwälder Elternhauses bin ich fündig geworden.
Die Fotografien (mit dem Smartphone) sind beiläufig entstanden, immer dann, wenn ein wenig Zeit vorhanden und die Anziehung eines bestimmten Motivs stark genug war. Große Vorbereitungen habe ich für sie also nicht getroffen, während ich an den Texten gefeilt und sie oft überarbeitet habe.
Sie gelten Pflanzen, die in meinen Gärten wild gewachsen sind und keineswegs eigens angepflanzt wurden. Ein typischer Gärtner bin ich nicht, sondern eher (wie es in einem der Texte heißt) „ein Gartengeselle“, der vor sich hin summend durch das Gelände geht und über viele oft unerwartete Erscheinungen staunt.
Die kleinen Wohnhäuser, die dazu gehören, gehen direkt in die Gartenlandschaften über. Sie haben nichts Festes, Abgeschlossenes, Dominantes, sondern sind zu den Gärten hin offen. Ein kleiner Schritt hinaus – und man steht im Grün, so dass die verschiedensten Pflanzen, Sträucher und Bäume wie Lebewesen erscheinen, die sich um einen scharen. Daher sehe, spüre und rieche ich die Jahreszeiten aus der Nähe und kann das allmähliche, kontinuierliche Vergehen von Zeit täglich verfolgen.
Die Gärten sind zugleich die Zonen der vielen Lebewesen in meiner Nähe. Keines von ihnen bewohnt das Haus (es gibt keine „Haustiere“), die meisten sehe ich dennoch fast Tag für Tag (Vögel, Katzen, Füchse, Feuersalamander, Schmetterlinge, Mäuse, Eichhörnchen, Schlangen).
Die aufmerksame Konzentration auf die Details von Pflanzen, Bäumen und Waldbeständen habe ich in der Kindheit durch meinen Vater kennengelernt. Er war es auch, der mir beigebracht hat, derart genau und geduldig über solche Details zu schreiben (in meinem Buch Der Stift und das Papier habe ich von diesen kreativen Stunden erzählt).
Später habe ich Texte von Dichtern und Schriftstellern gelesen, die mich weiter auf diesen meditativen Wegen begleitet haben. So etwa der französische Schriftsteller Francis Ponge, dessen Prosagedichte Le parti pris des choses (Im Namen der Dinge) ich ebenso bewundert habe wie die Haiku-Dichtung, die der japanische Dichter Matsuo Bashō auf seinen Schmalen Pfaden durchs Hinterland bereits im 17. Jahrhundert notierte. Die Traditionen der Prosagedichte und der Haiku-Lyrik leben denn auch in meinen Texten weiter.
Das erneute Studium der in den letzten Jahren entstandenen Texte und Fotografien hat mir den vertrauten natürlichen Kreislauf zweier Garten- und Waldlandschaften wieder nahegebracht und Lust gemacht, meinen Blick auf ihre Besonderheiten weiter zu schulen.
Ich veröffentliche sie als einen Zyklus, von dessen Lektüre ich mir für die Leserinnen und Leser ähnlich gute Wirkungen erhoffe.