Klavierspielen mit links

Klavierspielen gelernt zu haben, bedeutet nicht nur, ein Instrument zu beherrschen, sondern viel mehr. Im idealen Fall lernt man, es als ein „Lebewesen“ zu verstehen.

Das beginnt mit dem Blick darauf, wie es gebaut wird, wie ein bestimmtes Klavier „funktioniert“, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Klavierbaufirmen bestehen und welches Klavier für welche Stücke besonders geeignet ist.

Von Kindheit an (am besten etwa ab dem fünften/sechsten Jahr) wächst man allmählich in den Klavierkosmos hinein, begreift, wie Komponisten für Kinder und Jugendliche komponiert haben, studiert ihre Zyklen und erforscht Stück für Stück die Klavierliteratur, ihre Möglichkeiten und Wirkungen.

Das alles ist ein elementarer, jede Klavierschülerin und jeden Klavierschüler psychisch und physisch verändernder Prozess. Nach einigen Jahren lebt man mit dem Klavier, geht in viele Konzerte, schaut und hört sich um. Ist man dann noch immer „bei der Sache“ und hat das Spielen und Üben nicht aufgegeben, wartet ein unendlicher Reichtum von Musik, der einen das ganze Leben lang begleitet.

Diesen erweiterten, wunderbaren Lernprozess durchsichtiger zu machen, war eine der Zielsetzungen meines Buches Wie ich Klavierspielen lernte (Insel Verlag). Es erzählt auf ungewöhnliche, biografische Weise, wie das Klavierspielen und ein Instrument in ein Leben eindringen, es immer mehr prägen und starke Folgen zeitigen. Daher ist es eine Art Psychobiografie des jugendlichen Klavierspielens.

Die starken Folgen erkenne ich zum Beispiel daran, dass ich mich fast täglich nach Neuigkeiten zum Thema umschaue. Ich verfolge die Geschichten bestimmter Interpretinnen und Interpreten, ich lese Musikbücher, und ich setze mich ans Klavier, um am Tag zumindest etwa eine Stunde zu spielen (momentan sehr eingeschränkt, da die beiden Hände nach einer Krankheitsphase noch nicht wieder aufeinander abgestimmt sind).

Um so mehr hat mich heute morgen ein Artikel von Michael Stallknecht in der Neuen Zürcher Zeitung elektrisiert, in dem er von dem französischen Pianisten Maxime Zecchini erzählt.

https://www.nzz.ch/feuilleton/das-spielt-er-glatt-mit-links-der-pianist-maxime-zecchini-ld.1595496

Zecchini studiert seit langem die Klavierliteratur für die linke Hand, spielt viele der Stücke ein und zeigt, dass sich fast alle Stücke auch nur mit einer Hand spielen lassen.

Hier ein erstaunliches Programm, vorgestellt von Zecchini: