Die Kanzlerin hatte einen guten Vorschlag gemacht: Sich für einige Tage in die Osterruhe zu verabschieden. Im Grunde griff sie damit eine alte Idee für die Gestaltung der Karwoche auf: Sich still zu verhalten, Feste und Vergnügungen in geselligem Rahmen zu meiden, sich in die „geschlossene Zeit“ (tempus clausum) einer wie auch immer gearteten Meditation zu begeben.
Ich habe solche Zeiten aus der Kindheit gut in Erinnerung. Die Hinwendung auf Ostern begann am Palmsonntag mit der Lesung der Passionsgeschichte, sie setzte sich drei weitere Tage fort, zelebrierte den Gründonnerstag und den Karfreitag, schlug am Karsamstag durch das Färben der Ostereier in latente Vorfreude um und kulminierte in den beiden Osterfesttagen.
Der Vorschlag der Kanzlerin ließ etwas von diesen alten Exerzitien der Selbstbesinnung aufleuchten, deshalb gefiel er mir sehr. Leider war er nicht durchsetzbar, aus den verschiedensten Gründen. Das bedeutet aber nicht, dass er im eigenen, privaten Raum nicht verwirklicht werden könnte.
Ich werde mich daher ab morgen, Palmsonntag, in die Osterruhe begeben. Statt längerer Beiträge werde ich täglich einen Text- und Musikhinweis in den Blog stellen. Sie könnten als Anregungen dienen, mit dem tempus clausum ernst zu machen. Kommentieren werde ich die Beiträge nicht.
Zum Auftakt hier das Video der Einspielung einer Sonate von Domenico Scarlatti durch den Pianisten Christoph Ullrich, der gerade dabei ist, alle 555 Scarlatti-Sonaten aufzunehmen. Er ist in der siebten CD-Folge angekommen, die Aufnahme ist Mitte Januar 2021 in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem entstanden.