Jetzt, Mitte Mai, holen manche Pflanzen mit ihren Blüten zu imposanten Spätwerken aus. Der „kleine Herbst“ verwandelt sie in Gewächse, die ihren Samen ausbreiten, streuen und verabschieden.
Starke Kindheitserinnerungen sind die Pusteblumen des Löwenzahns, die sich trotz Wind und Regen erstaunlich halten. Sie entwerfen ein seltenes Hellgrau mit verborgenem, dunklerem Zentrum.
Ihr Erscheinen erfolgt in übersichtlichen Scharen, in denen jede einzelne Blume für sich bleibt, vom Stängel aus aufragt und den dichten Kreis der spitzen Flieger lange vor dem Abflug bewahrt.
Erst nach geduldigem Zögern werden sie entlassen und entfernen sich taumelnd von der kreisrunden, hellen Bodenstation, die als kahler, geschorener Kopf zurückbleibt.
Danach aber klappen sie entschieden und plötzlich zusammen, ducken sich fort, hüllen sich ein und summen, leiser und melancholischer werdend, immer tonloser vor sich hin, bis sie hinter den Bühnen des Gartens endgültig verschwinden.
(Das Buch In meinen Gärten und Wäldern ist im Herbst 2020 erschienen, dieser Text aber ist neu und wird irgendwann in einer erweiterten Auflage erscheinen.)