Ein Buch lesen 1

Noch eine Woche bis Pfingsten. Dieses „liebliche“ Fest im Mai habe ich immer besonders gemocht. Ich möchte mich darauf vorbereiten, indem ich ein einziges Buch in kleinen Portionen lese: Jörg Lausters Der heilige Geist. Eine Biographie, gerade bei C.H.Beck in München erschienen.

Jörg Lauster (geb. 1966) ist Professor für Systematische Theologie an der Universität München. Sein zuvor erschienenes Buch Die Verzauberung der Welt. Eine Kulturgeschichte des Christentums habe ich bereits mit großem Gewinn gelesen. Ich ahne also ein wenig, was mich erwartet: eine kluge und durchaus auch unterhaltsame Wanderung durch all die Rituale und Texte, die um das Thema und Motiv des „Heiligen Geistes“ kreisen.

Auf dem Cover entdecke ich den Ausschnitt eines Gemäldes von Cima da Conegliano (Taufe Christi, 1494). Mitten in einer weißen Wolkenapotheose mit lauter kleinen Engelgestalten schwebt eine Taube, von oben erleuchtet und selbst Lichtstrahlen aussendend.

Genau in dieser Form habe ich selbst als Kind den „Heiligen Geist“ sehen gelernt. In der Dorfkirche meines westerwäldischen Heimatortes, als weiße Taube, weit oben, unter der Decke des Mittelschiffs.

Ich habe mir diese Taube oft genau angeschaut, aber ich habe nicht recht verstanden, was ich mit ihr anfangen sollte. Wer oder was war denn der „Heilige Geist“? Wofür war er zuständig? Und war die Taube nicht eher eine fantastische als eine reale Gestalt?

Beim Betrachten der Taube geriet ich (wie oft als Kind während der Gottesdienste) ins Grübeln. Und genau das tue ich jetzt wieder. Wie gut, dass es das Buch von Jörg Lauster gibt. Es wird mir zeigen, was es mit dem „Heiligen Geist“ auf sich hat: „Aus der Welt steigt ein Rauschen auf, das die Menschen anspricht, fordert, schreckt und beruhigt…“ – das ist einer der ersten Sätze. Ansprache, Forderung, Schrecken, Beruhigung – das alles also auf einmal. Es geht wunderbar los. Ich lese weiter…- und verliere meine Kindheitskirche währenddessen nicht aus dem Blick…