Wenn ich während der Pandemiezeiten etwas sehr vermisst habe, dann war es (neben Italien) vor allem Paris. Seit einigen Tagen locken nun wieder Reiseangebote, etwa solche der Bahn, die einen in kaum mehr als drei Stunden für weniger als 30 Euro von Stuttgart in die französische Hauptstadt bringen. Meine Träume erhalten dadurch zumindest einen konkreten Fonds, und ich kann mir überlegen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Paris-Fahrt gekommen wäre.
Heute Abend reise ich schon einmal in Bildern und starken Erinnerungen hin – und zwar mit der Künstlerin Ulrike Ottinger, deren Film Paris Calligrammes um 22.25 Uhr in 3sat läuft (auch in der 3sat-Mediathek abrufbar). Sie porträtiert darin die sechziger Jahre, in denen sie als junge Kunststudentin vor allem im Quartier Latin lebte und das Leben der dortigen Bohème kennenlernte.
Der Film ist kein bloßes Dokument, sondern der Versuch, das Lebensgefühl und die experimentelle Neugierde dieser Jahre auch visuell zu vermitteln: In der Form der Recherche, die sich an Fotografien, Szenerien, musikalischen Motiven und Klängen entlang entwickelt. Wie sah Ulrike Ottinger Paris, welche Details spielten die dominante Rolle, wohin führten sie, wie setzte sich ein vitaler Raum von Eindrücken zu einem Erinnerungspanorama zusammen?
Zehn Jahre später und damit in den siebziger Jahren bin ich ähnlichen Fragen gefolgt. In Paris, links der Seine (Insel-Verlag) habe ich von meiner eigenen Spurensuche erzählt. (Fast hätte ich Lust, dieses Buch vor Ort wieder zu lesen und es während dieser Lektüre um die neuen Eindrücke zu erweitern. Ein Projekt für…? Ja, für wann?)