Herr Ortheil, am 2. März 2021 haben Sie in ihrem Blog über die anstehenden Schreibprojekte und die weitere Zukunft nachgedacht. Heute frage ich einmal nach: Wie geht es Ihnen und wie ergeht es den Plänen?
Es geht mir weiter recht gut, ich bin gesund. Die Arbeit an meinem Buch Ombra. Roman einer Wiedergeburt ist inzwischen beendet, das Manuskript ist im Verlag und wurde bereits gesetzt. Ich bin sehr froh, dass es mir gelungen ist, dieses Buch zu schreiben, das war nicht leicht, weil viele sehr persönliche Momente eine starke Rolle spielten und ich die Arbeit daher oft unterbrechen musste. Im Oktober, kurz vor der Frankfurter Buchmesse, wird Ombra bei Luchterhand erscheinen. Fast gleichzeitig wird es aber noch ein zweites Buch geben, ein Taschenbuch mit dem Titel Ein Kosmos der Schrift bei btb. Darin befindet sich das in meinen Augen sehr gelungene, dreitägige Gespräch über die Werkzusammenhänge meiner Bücher, das ich mit meinem Lektor Klaus Siblewski geführt habe. Es hat den Titel Una vita – „Herr Ortheil, wie haben Sie das gemacht?“ Die Frage formuliert das Erstaunen über siebzig Bücher in den letzten Jahrzehnten und die Suche danach, wie diese Bücher mit meinem Leben verbunden sind. Das Gespräch ist eine dokumentarische Autobiographie meines Schreibens, die erste, die es gibt, denn früher waren die autobiographischen Lebensmomente ja meist fiktional gebrochen oder umgestaltet. Das Gespräch hat über einhundertfünfzig Seiten und ist ein aus dem Roman Ombra ausgelagertes, eigenes Kapitel. Man sollte also unbedingt beide Bücher zusammen lesen.
Ombra erzählt von der Krankheit, die Sie im Herbst 2019 ereilt hat. Der Roman reflektiert deren Erleben und Bewältigung, stimmt das?
Von Bewältigung würde ich noch nicht sprechen, das Empfinden, ein rettendes Ufer erreicht zu haben, ist noch sehr vage. Richtig ist, dass ich versucht habe, die Geschichte einer Erkrankung zu schreiben. Wie ist sie entstanden, welche früheren Lebensmomente haben sie provoziert, was lässt sich mit ihrer Hilfe erkennen und welche neuen Lebensimpulse lassen sich entdecken und herleiten? Darum genau geht es.
Una vita ist aber auch eine Art Rückblick, wenn ich das richtig verstehe?
Ja, auch das ist ein Rückblick – auf die Gesamtheit meines Schreibens, das seit dem achten Lebensjahr neben dem Klavierspielen mein großes Lebensthema war. In Una vita geht es um die Frage nach der Entstehung der vielen kreativen Impulse, die das Schreiben jeweils auslösten. Und auch da geht es nicht nur um die Vergangenheit, sondern eben auch um die Zukunft: Was folgt aus dem, was ich bisher geschrieben habe? Wie denke ich jetzt darüber und was habe ich vor?
Sie werden Anfang November siebzig Jahre alt.
Das habe ich vor, ja. Und ich habe vor, diesen Geburtstag an mehreren Orten meines Lebens mit den Leserinnen und Lesern zu feiern: Im Westerwald natürlich, in Köln, aber auch in Stuttgart, Frankfurt/Main, München und Hamburg. Aus gesundheitlichen Gründen kann ich keine große Lesereise planen, aber doch einige Lesungen und Abende in Städten, die mit meinem Schreiben zu tun haben.
Können Sie bereits Termine nennen?
Das werde ich bald können, die Planungen laufen momentan noch.
(Die Fragen stellte Hanna Bernike, das Sommerinterview wird fortgesetzt…)