Meine allein lebende Freundin Pauline ist krank. Jeden Morgen blickt sie in ihren Garten, in dem das Gras angeblich bedrohlich wächst und sich zu dichten Grünmatten zusammentut. Pauline mag gar nicht mehr hinschauen, deshalb hat sie mich angerufen und vorsichtig gefragt, ob ich ihr helfen und Gras mähen könne. Nicht zuviel, aber doch so, dass aus dem Garten wieder eine übersichtliche Erscheinung werde.
Natürlich bin ich gleich zu Pauline geeilt, habe den Rasenmäher aus dem Geräteschuppen geholt, ihn angeworfen und mit dem Mähen begonnen.
Ich muss hinzufügen, dass ich Rasenmähen mit einem lauten Mäher nicht mag. In früheren Jahrzehnten war das noch anders, da wurde in unseren Gärten zweimal im Jahr mit der Sense gemäht, und ich war als Kind jedes Mal dabei und hielt den Wetzstein in der Hand. Mähen mit der Sense verläuft langsam und sinnlich, die Sense schwingt sich durchs Gras, wischt die Halme energisch zur Seite und lässt sie als lange Streifen ermüdet liegen.
Mähen mit einem lauten Benzinmäher dagegen verläuft anders. Der Mäher rattert gegen das Gras an, schleudert die klein geschnittenen Halme erregt zur Seite, bläst sie zusätzlich fort und hinterlässt eine kahle Spur.
Da das Gras im Garten meiner Freundin hoch stand, musste ich mich mit dem Mäher durch die Bestände kämpfen und Schleusen bahnen. Ich bemerkte, dass es um Akte roher Gewalt geht und dass ich, je länger ich mähte, immer dreister und besessener mähte. Der Garten sollte erbleichen und blass in seinen gemähten Spuren erstrahlen. Mich hatte ein Furor gepackt, und ich hörte nicht auf, bis der gesamte Rasen gemäht war.
Das ist also das Geheimnis des Mähens mit Benzinrasenmäher, dachte ich, das Ganze ist eine aggressive Orgie wahrscheinlich vor allem für Männer, die mal den Wüterich rauslassen wollen.
Pauline war mit mir sehr zufrieden. „Wenn wieder gemäht werden muss, bin ich hoffentlich gesund“, sagte sie. – „Bestimmt“, antwortete ich, „denn dann bin ich leider im Süden…“