Klausurmethoden

Seltsam. Tennis ist die einzige Sportart, deren Partien ich bei Gelegenheit noch von der ersten bis zur letzten Minute verfolge. Sie haben etwas von mehrsätzigen Kompositionen, in denen zwei Instrumente spielen, gegen-, aber auch miteinander.

Dass sich zwei einzelne Spielerinnen oder Spieler gegenüberstehen, gefällt mir. Zumal jede oder jeder von ihnen sich oft aus einer strengen Klausur auf den Platz begibt, um sich dort nicht nur den Launen des Publikums, sondern auch den eigenen Launen auszusetzen.

Die Methoden der Klausur haben mich immer beschäftigt, denn sie sind mit den Klausurmethoden von Schriftstellern durchaus vergleichbar, besonders dann, wenn diese über einen langen Zeitraum an Romanen arbeiten.

Ich kenne Tennisspieler, die während eines Turniers immer in demselben Restaurant auf demselben Platz essen und sich immer von demselben Kellner bedienen lassen. Natürlich essen sie auch immer dasselbe.

Und ich kenne Romanautoren, die während der Arbeit an einem Roman immer dasselbe frühstücken, in den kleinen Pausen dieselben Wege gehen und sehr ungern über wildfremde Themen mit anderen Menschen kommunizieren.

Solche Klausuren dienen dazu, die Konzentration nicht nur zu stärken, sondern so zu erhöhen, dass sich kaum noch störende Momente einmischen.

Heute, Freitag, 3. Juni 2022, spielen um 15 Uhr im Rahmen meines Lieblingsturniers (Roland Garros in Paris) Rafael Nadal und Alexander Zverev gegeneinander (Übertragung auf Eurosport).

Ich bin dabei, und ich werde genau beobachten, wie sie ihre Plätze einnehmen, wie sie die Pausen gestalten und ob Alexander Zverev es erträgt, wenn Rafael Nadal jeden Aufschlag mit seinen Rupf- und Zupfbewegungen an Trikot, Haaren und Stirnband einleitet, immer mit denselben…