Das Urteil im Prozess am Landgericht in Koblenz

Über den Strafprozess am Landgericht in Koblenz wegen schwerer Brandstiftung in der katholischen Kirche Kreuzerhöhung meines westerwäldischen Heimatortes Wissen/Sieg habe ich in diesem Blog mehrfach berichtet. Am Montag (7.8.2023) ist dort nun das Urteil gesprochen worden.

Der 39jährige Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Entzugsanstalt für eine Mindestdauer von 18 Monaten angeordnet. Verläuft die angeordnete Suchttherapie erfolgreich, kann die Hälfte der Strafe erlassen werden.

Der Urteilsverkündung und den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigerin war die Verlesung des forensisch-psychiatrischen Gutachtens durch einen Psychiater vorausgegangen. In der internen Befragung soll der Angeklagte davon berichtet haben, in der Kindheit von der Mutter oft geschlagen worden zu sein und eine besondere Wut auf sie entwickelt zu haben. Solche starken Emotionen wurden durch das Trinken großer Mengen Alkohol und die zusätzliche Einnahme von Drogen gesteigert und führten mehrmals zu Selbstmordversuchen.

Warum es in der Tatnacht zu der schweren Brandstiftung ausgerechnet in der katholischen Kirche gekommen war, konnte der Gutachter jedoch nicht erklären. Er hielt sich an die Aussage des Angeklagten, sich an die Tat nicht erinnern zu können und ging den Umständen und möglichen Motiven nicht weiter nach. Während die Staatsanwaltschaft von einer zielgerichteten Tat mit Verdeckungsabsicht sprach, beließ es der Gutachter bei Vermutungen und kam über die magere Küchenpsychologie einer schweren Kindheit als zentralem Motiv für die Tat nicht hinaus.

So blieben nach der Urteilsverkündigung die wichtigsten Fragen unbeantwortet: Warum bewegte sich der Angeklagte in der Tatnacht zielgerichtet auf die katholische Kirche zu? Hatte er sie in früheren Zeiten einmal oder mehrfach aufgesucht? Kannte er die baulichen Verhältnisse gut, so dass es ihm leicht möglich war, ohne große Behinderung durch den Notausgang in das Gotteshaus einzubrechen? Wusste er, wie die Alarmanlage funktionierte und hatte er Erfahrung im Ausschalten der Anlage?

Und zuletzt: Warum kam das Gericht nicht auf die Idee, den Angeklagten in die zerstörte Kirche zu führen und vor Ort über seine Kenntnisse des Raumes und des umgebenden Geländes zu befragen?

Beim Rückblick auf diesen Prozess bleibt eine starke Unruhe bestehen. Sie rührt daher, dass man es sich mit der Untersuchung des Tathergangs und besonders mit der Untersuchung der Tatmotive viel zu leicht gemacht hat. So ist nicht auszuschließen, dass es zu einer ähnlich gelagerten Wiederholungstat kommt.

Im schlimmsten Fall nach erfolgter Therapie und der Hälfte der jetzt verkündeten Haftstrafe. Dann könnte die katholische Kirche Kreuzerhöhung gerade wieder restauriert sein. Skandalöse Aussichten!