Die Zeit zwischen den Jahren 3 – Eine Modigliani-Ausstellung

 

Die Zeit zwischen den Jahren ist eine der anregendsten überhaupt: nicht die üblichen täglichen Pflichten, sondern die Freiheit, einige Tage nach Lust und Laune zu verbringen, bis Silvester vorbei ist. Eine Zeit für Museen, Kino und Theater!

Ich habe sie genutzt, um eine Modigliani-Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart anzuschauen, die noch bis zum 17. März 2024 zu sehen ist.

Der in Livorno geborene Künstler Amedeo Modigliani (1884-1920) erhielt als junger Mann in Florenz und Venedig eine Ausbildung im Zeichnen und Malen, die ihn noch später stark prägte.

Die Ausstellung widmet sich aber vor allem seinen Jahren in Paris, wo er seit 1906 in den Arrondissements von Montmartre und Montparnasse lebte. Als aufmerksamer Besucher hat man den Eindruck, große Teile seines Freundeskreises genauer kennenzulernen. Das geschieht fast ausschließlich durch Porträts. Man mustert seine Bekannten, die ihm Modell sitzen, und erlebt, wie sie einem begegnen: als näher rückende Personen, die einen offen und interessiert anschauen oder sich hinter einem gestisch verstärkten Distanzblick verbergen.

Es sind Freundinnen, Literaten und Kunsthändler, aber auch namentlich nicht bezeichnete Menschen des alltäglichen Umgangs. Auf den dicht nebeneinander hängenden Gemälden erscheinen sie als plastische Gestalten, die von Modigliani durch die Brille der Skulptur betrachtet und geformt wurden, so, wie er es zunächst in seinen bildhauerischen Arbeiten erprobt hatte.

Eine Karte von Paris ist während des Rundgangs auf einer großen Wand zu sehen. Daneben befinden sich Fotografien der realen, porträtierten Personen. Mit der Zeit bezieht man die Menschen aufeinander und nimmt sie als Spiegelungen von Atmosphären und Stimmungen der Stadt wahr, die Modigliani durch seine Porträtkunst auf indirekte Weise eingefangen hat. Die Gestalten werden lebendig, und man glaubt, sie die schmalen Gassen und Straßen von Montmartre treppauf und treppab schlendern und in die Cafés von Montparnasse einkehren zu sehen.

So wird der Gang zu einem beinahe intimen Flanierweg durch Paris, deren begleitende Kreise man nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören glaubt: im leisen Austausch mit Modigliani, der eine Welt erfunden und ihr ein Zentrum gegeben hat.

Hier ist der Zugang zu einem Trailer, einem Ausstellungsfilm, aber auch zu einem 360 Grad-Rundgang abrufbar, der einen diese Ausstellung auch aus der Ferne zumindest provisorisch erleben lässt:

https://www.staatsgalerie.de/de/ausstellungen/aktuell/modigliani