Schreiben lernen in Hildesheim 1

Es gibt viele Methoden, das eigene Schreiben zu formen und zu entwickeln. Einige werde ich in den kommenden Wochen, passend zur Ferienzeit, in der man dafür vielleicht mehr Zeit hat als sonst, vorstellen. Ich beginne mit einem der anspruchsvollsten Projekte und skizziere es kurz.

Der Schriftsteller Paul Klambauer hat an der Universität Hildesheim das Kreative und Literarische Schreiben zunächst studiert und in den Folgejahren auch selbst unterrichtet. Seine Aufgabe war es, Erst- und Zweitsemester in Grund-und Aufbaukursen des Schreibens mit bestimmten Schreibaufgaben zu konfrontieren, ihre Texte zu lesen und dabei zu untersuchen, wie sie vorankamen und allmählich zu einem eigenen Schreiben fanden.

Jeder Schreibaufgabe lag ein kurzer literarischer Fremdtext zugrunde, auf den die Studierenden mit ihren Texten antworteten. Manche lehnten sich eng an die Vorgabe an, andere variierten sie, wiederum andere entfernten sich weit davon und lieferten Gegenmodelle. Das Schreiben mit dem Blick auf den Fremdtext hatte in allen Fällen den Vorteil, sich auf eine Vorgabe einlassen zu müssen und dadurch nicht nur formal begrenzt, sondern auch mit anderen Texten vergleichbar zu sein.

In den Jahren seines Unterrichts hat Paul Klambauer viele erstaunliche und teilweise virtuose Texte von Studierenden gesammelt und gedeutet. In seiner Dissertation hat er sie genauer unter die Lupe genommen und anhand dieser studentischen Texte gezeigt, wie das jeweilige Schreiben geformt wurde und mit der Zeit eine individuelle „écriture“ entstand.

Klambauers große Hildesheim-Studie liegt jetzt als Buch im Aisthesis Verlag vor (P.K.: Schreiben lernen. Die literarische Profilbildung von Studienanfängern des Kreativen und Literarischen Schreibens an der Universität Hildesheim. Bielefeld 2022). Sie ist so ertragreich und weiterführend, weil man nicht nur die universitären Hildesheimer Studieninhalte kennenlernt, sondern eben auch die darauf reagierenden studentischen Texte. So kann man sich als Leserin/Leser fragen, wie man selbst die Aufgaben behandelt hätte. Man kann sich in einer Folge/Reihe sehen und ein konkretes Studium betreiben, das nicht (wie sonst fast immer) bei Aufgaben verweilt, sondern auch Alternativen von Antworten auf diese Aufgaben mit untersucht.

Ich empfehle Paul Klambauers Buch daher ganz besonders. Es ist ein Meilenstein in der Absicht, die Einsichten über “das Schreiben“ in allen nur denkbaren Richtungen zu vertiefen.