Melody Gardot – zum Jahresbeginn

Zum Jahresbeginn hier der Mitschnitt eines Konzertes von MELODY GARDOT, schon vor einigen Jahren in Basel aufgezeichnet, aber völlig zeitlos, eine hinreißende Stimme, einzig, in deren Begleitung der Sturz ins Neue Jahr leicht schwindelerregend gelingen könnte!

Ein kreatives 2024 wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs!

Past Lives – In einem anderen Leben

Zum Jahresbeginn 2024 habe ich mir den viel gelobten Film Past Lives – In einem anderen Leben angeschaut, der in unseren Kinos läuft, aber auch über Angebote im Netz abrufbar ist.

Regie und Drehbuch stammen von der in Südkorea aufgewachsenen Autorin Celine Song, die sich dabei an eigene Erlebnisse anlehnte. Als zwölfjähriges Kind ist sie mit ihren Eltern nach Kanada ausgewandert und hat dabei einen etwa gleichaltrigen Freund zurückgelassen.

Im Film nimmt sie dieses Motiv zum Ausgangspunkt der Geschichte und lässt die junge Frau zwölf Jahre später nach dem Verbleib ihres Freundes in den sozialen Medien recherchieren. Sie entdeckt ihn dort wahrhaftig und nimmt mit ihm Kontakt auf.

Wiederum zwölf Jahre später treffen sich die beiden dann auch real – in New York, wohin der koreanische Freund für einige Tage gereist ist, um seine Kinderliebe wiederzusehen. Sie ist inzwischen verheiratet, die Begegnung wird zu einem Treffen zu dritt…

Das Begeisternde an diesem Film ist der leichte und doch in den Tiefenschichten der Seelen nachspürende Umgang mit dem Stoff, dessen Kitschpotential erheblich ist, aber nie berührt und umgesetzt wird. Zwei Menschen kommen ohne einander nicht aus und müssen lernen, mit dem Verzicht umzugehen. Die dritte Figur ist dabei der hilfreiche Mediator, der dazu beiträgt, dieses Niveau zu erreichen, ohne sich selbst drohend oder sonst wie beharrend ins Spiel zu bringen.

Die Leichtigkeit dieser Filmkunst im wahren Sinn  besteht auch darin, Räume und Städte unauffällig in Szene zu setzen. Sie beherrschen die Szenen nicht, sondern erscheinen (niemals dekorativ, eher punktierend) als intime Zonen von Gesprächen, als Binnenräume von Lesarten verschiedener Kulturen, in denen sich die Figuren suchend und sich orientierend bewegen.

Zu  Beginn eines neuen Jahres wirkte dieser Film wie ein kleines, nachdrückliches Signal: Dazu, Begegnungen zu erforschen und ernst zu nehmen, ohne die typischen Tragödienversionen auszuschlachten, die in allen Begegnungen latent schlummern.

Kreatives Schreiben erforschen und angehen

„Kreatives Schreiben“ besteht nicht nur aus Trainingssimulationen für Schreibwillige, sondern ist auch ein Forschungsterrain. Dann werden die einzelnen Schritte kreativer Akte in ihren offenen und verborgenen Bezügen erforscht. Genau das versucht die literarische Kreativitätsforschung.

In einer kleinen Bildcollage habe ich einige Schritte veranschaulicht. Das Gemälde unten rechts ist von dem italienischen Maler Lorenzo Lotto und zeigt, 1526 gemalt, einen schreibenden Dominikanermönch. Er ist in einem Moment des Nachdenkens oder der Besinnung erstarrt und schaut den Betrachter fragend an. Was kommt als nächstes? Was erwartet das Schreiben von mir, und was erwarte ich vom Schreiben?

Drei Alternativen sind angedeutet: 1) Oben rechts die Suche nach einem Zugang und damit nach einem zentralen und weiterführenden Einfall, erschwert durch allerhand an den Rändern auftauchendes Ideengestrüpp, 2) Oben links die Bewegung der Einfälle oder Ideen, die sich auf einen Fluchtpunkt hin orientieren, aber noch nicht austariert sind, 4) Unten links die durch Waben und Mini-Gehäuse verbundenen Einfälle, die gespeichert sind und auf Abruf warten.

Zu Beginn des neuen Jahres 2024 wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs viel Freude am eigenen Schreiben! Beginnen Sie gleich damit oder schreiben Sie weiter! Ich werde mich bemühen, Sie durch Anregungen in diesem Blog dann und wann zu begleiten.

Ein Jahresrückblick 2023 – Die Arbeit am Blog

Am Ende des Jahres 2023 ergibt sich die Gelegenheit, auch einmal auf die viele Arbeit an diesem Blog zurückzublicken.

Sage und schreibe 225 Einträge gab es zu lesen, mit weit über sechzig  Buchempfehlungen, unzähligen Musikvideos und vielen Hinweisen auf Filme, Radiosendungen oder Zeitungsausschnitte.

Die Motive und Themen des Blogs entstehen vor dem Hintergrund von anregenden oder inspirierenden Texten in den Tages- und Wochenzeitungen (Kölner Stadt-Anzeiger/ FAZ/ SZ/ Rhein-Zeitung/ Stuttgarter Zeitung/ DIE ZEIT/ SPIEGEL), deren regelmäßige Lektüre erweitert wird durch das Schauen von Fernsehsendungen und das Stöbern in Mediatheken.

Die Buchempfehlungen ergeben sich durch das ebenfalls regelmäßige Studium von Newslettern und Programmvorschauen der Verlage. Die mich interessierenden Bücher werden dann bestellt/ gekauft oder in Bibliotheken ausgeliehen.

Auch die Auswahl der Musikvideos und Filmausschnitte ergibt sich durch ein regelmäßiges Kontaktieren von aktuellen Playlists oder Kinoprogrammen.

Eine solche Arbeit verläuft an sieben Tagen in der Woche. Die Primärkosten für den Blog belaufen sich dabei auf mehrere Tausend Euro (Kosten für Bücher, Zeitungen, Büro, Assistenz, Buchbeschaffung). Die Sekundärkosten (Lektürezeit, Planungs- und Schreibarbeit) lassen sich nicht berechnen, sie sind, wie leicht vorstellbar, recht hoch.

All das ist allein nur schwer finanzierbar. Ich versuche es, so gut es geht, und arbeite ohne jede mäzenatische Unterstützung von Firmen, Verlagen oder sonstigen Werbeträgern. Und warum? Weil ich den Blog auch als ein soziales Projekt („soziale Plastik“ hätte Joseph Beuys es genannt) betrachte, das gegenwärtig ca. 50 000 regelmäßige Nutzer und Nutzerinnen informiert, unterhält und ihnen hoffentlich etwas Freude macht.

Die SALA ORTHEIL in Wissen/Sieg (Mittelstraße 16) ist (neben meinen Lesungen und sonstigen Veranstaltungen) ein Versammlungsort für das Gespräch über die Blogthemen. 2023 fanden dort u.a.  vier Sitzungen einer Schreibakademie des Kreativen und Literarischen Schreibens statt, in deren Verlauf neue Texte über Wissen, Sieg entstanden und lektoriert wurden. Auch die SALA ist allein nur schwer finanzierbar. Ich versuche jedoch, diese Räume weiter für Gespräche über das Schreiben und Lesen bereitzuhalten. Und warum? Weil ich die SALA ebenfalls als ein soziales Projekt („soziale Plastik“…) betrachte, das Literaturinteressierte und Schreibwillige zusammenführt.

Ich danke besonders allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs, die meine Arbeit durch Mails, Kommentare oder durch finanzielle Wertschätzung am Leben gehalten haben. Viele Rückmeldungen haben mich motiviert, nicht nachzulassen oder aufzugeben, sondern noch ein wenig weiterzumachen. Aus einer anerkennenden Rückmeldung einer Leserin möchte ich abschließend zitieren:

Sehr geehrter Herr Ortheil,

herzlich danken möchte ich Ihnen für Ihre hervorragenden und unterhaltsamen Blog-Einträge in diesem Jahr. Wir Leser sind Tag für Tag immer wieder aufs Neue überrascht, welche Gedanken da jeweils immer wieder so wunderbar auf den Punkt gebracht werden. Es macht einfach Freude, Ihre Blogeinträge zu lesen.

So soll es sein! Großen Dank und ein gutes, kreatives Neues Jahr 2024!!

Die Zeit zwischen den Jahren 3 – Eine Modigliani-Ausstellung

 

Die Zeit zwischen den Jahren ist eine der anregendsten überhaupt: nicht die üblichen täglichen Pflichten, sondern die Freiheit, einige Tage nach Lust und Laune zu verbringen, bis Silvester vorbei ist. Eine Zeit für Museen, Kino und Theater!

Ich habe sie genutzt, um eine Modigliani-Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart anzuschauen, die noch bis zum 17. März 2024 zu sehen ist.

Der in Livorno geborene Künstler Amedeo Modigliani (1884-1920) erhielt als junger Mann in Florenz und Venedig eine Ausbildung im Zeichnen und Malen, die ihn noch später stark prägte.

Die Ausstellung widmet sich aber vor allem seinen Jahren in Paris, wo er seit 1906 in den Arrondissements von Montmartre und Montparnasse lebte. Als aufmerksamer Besucher hat man den Eindruck, große Teile seines Freundeskreises genauer kennenzulernen. Das geschieht fast ausschließlich durch Porträts. Man mustert seine Bekannten, die ihm Modell sitzen, und erlebt, wie sie einem begegnen: als näher rückende Personen, die einen offen und interessiert anschauen oder sich hinter einem gestisch verstärkten Distanzblick verbergen.

Es sind Freundinnen, Literaten und Kunsthändler, aber auch namentlich nicht bezeichnete Menschen des alltäglichen Umgangs. Auf den dicht nebeneinander hängenden Gemälden erscheinen sie als plastische Gestalten, die von Modigliani durch die Brille der Skulptur betrachtet und geformt wurden, so, wie er es zunächst in seinen bildhauerischen Arbeiten erprobt hatte.

Eine Karte von Paris ist während des Rundgangs auf einer großen Wand zu sehen. Daneben befinden sich Fotografien der realen, porträtierten Personen. Mit der Zeit bezieht man die Menschen aufeinander und nimmt sie als Spiegelungen von Atmosphären und Stimmungen der Stadt wahr, die Modigliani durch seine Porträtkunst auf indirekte Weise eingefangen hat. Die Gestalten werden lebendig, und man glaubt, sie die schmalen Gassen und Straßen von Montmartre treppauf und treppab schlendern und in die Cafés von Montparnasse einkehren zu sehen.

So wird der Gang zu einem beinahe intimen Flanierweg durch Paris, deren begleitende Kreise man nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören glaubt: im leisen Austausch mit Modigliani, der eine Welt erfunden und ihr ein Zentrum gegeben hat.

Hier ist der Zugang zu einem Trailer, einem Ausstellungsfilm, aber auch zu einem 360 Grad-Rundgang abrufbar, der einen diese Ausstellung auch aus der Ferne zumindest provisorisch erleben lässt:

https://www.staatsgalerie.de/de/ausstellungen/aktuell/modigliani

Die Zeit zwischen den Jahren 2 – Dünnhäutige und Dickfellige

(Am 5. Januar 2024 auch als Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“, S. 4)

In meinem Freundeskreis hört man seit einiger Zeit häufig ein Wort, das man früher nie so oft und wenn, dann nur ungern hörte. Diese oder jener wird jetzt „dünnhäutig“ genannt: „Mann, bist Du heute wieder dünnhäutig! Was ist denn bloß mit Dir los?“

Ja, was ist da los? „Dünnhäutigkeit“ erscheint in Form einer bei vielen Gelegenheiten aufflackernden, plötzlichen Gereiztheit, als wirkten geheime Kräfte von außen auf Körper und Geist ein und entzündeten verborgene Feuer. Die davon Betroffenen geraten eine Weile außer sich und wollen sich nicht mehr beruhigen: „Lass mich in Ruhe, mir ist eben so!“

Der Bundespräsident hat in seiner Weihnachtspredigt behauptet, viele Menschen wollten keine Nachrichten mehr hören oder sehen. Solche Fluchtgedanken könnten die Folge eines Drucks sein, der auf sie einwirkt und sie derart berührt, dass sie sich nicht mehr zu helfen wissen. Das alles sollte man nicht leichtnehmen und lässig abtun, denn die Erschütterungen können sich laufend wiederholen und verstärken, so dass schließlich auch tiefersitzende Krankheiten nicht ausbleiben.

Psychologisch betrachtet, erleben viele irritierende Störungen des inneren Gleichgewichts, die keine direkt nachweisbaren Ursachen haben, sondern einen wie Viren befallen, die sich schleichend und heimlich festgesetzt haben und später als Erreger zum Ausbruch kommen. In meinem Freundeskreis kursieren dazu einige Diagnosen. Mal hat alles mit den Kriegen in Nahost und in der Ukraine, mal mit apokalyptischen Szenarien des Klimawandels, mal aber auch, simpler und überschaubarer, mit den hilflos wirkenden Programmen der Regierenden zu tun, die sich den großen Krisen mit lauter kleinen Hilfspaketen wie übermüdete Weihnachtsmänner annehmen.

Solche Konstellationen haben auch etwas Gefährliches, denn die zunehmende Überreizung weckt Sehnsüchte nach einfachen und mit Gewalt herbeigeführten Lösungen. In den öffentlichen Diskursen spürt man momentan genau diesen Trend, der immer dann stärker wird, wenn Menschen jede Geduld verlieren und bereit sind, sich mit möglichst schlagkräftigen Beruhigungsversuchen abzufinden. Im Normalfall hätten sie diese nie akzeptiert, jetzt aber herrscht ein Ausnahmestatus.

Viele warten, ohne dass ihnen das deutlich bewusst wäre, auf einen radikalen Schnitt. Neuwahlen, eine andere Regierung, Programme, die weiter reichen und gedacht sind als nur bis morgen Abend, wenn die nächste Nachrichtensendung alles Unerledigte von neuem aufrollt. Solche Erwartungen heften sich an einen größeren Zeitraum und kehren sich ab von den kleinteiligen Minimallösungen, die für jedes Problem lange und umständlich diskutiert werden.

Das Gegenbild zur Dünnhäutigkeit wäre die Dickfelligkeit. Auch sie hatte Frank Walter Steinmeier wohl im Blick, als er davon sprach, viele seien dabei, sich in Deckung vor der Wirklichkeit zu begeben. Die Dickfelligen schotten sich ab und sind dann oft nicht mehr fähig, Empathie für andere zu empfinden. Genau das kann man von jenen Dünnhäutigen nicht behaupten, denen ihre Dünnhäutigkeit eine besondere Empfindlichkeit für ihre Umgebungen verliehen hat.

Vielleicht ist die jetzige Zeit zwischen den Jahren besonders geeignet, zwischen beiden Extremen eine Balance herzustellen. Von den täglichen Pflichten für ein paar Tage entbunden, könnte man diesen Freiraum nutzen, die eigenen Erlebnisprozesse genauer zu überdenken. Dann ginge der Blick zurück und nach vorn, wie in einem facettenreichen, anregenden Bilderbuch.

Die Zeit zwischen den Jahren 1 – Lagunaria

Die Zeit zwischen den Jahren ist eine der anregendsten überhaupt: nicht die üblichen täglichen Pflichten, sondern die Freiheit, einige Tage nach Lust und Laune zu verbringen, bis Silvester vorbei ist. Eine Zeit für Museen, Kino und Theater!

Ich habe sie genutzt, um den Film „Lagunaria“ von Giovanni Pellegrini zu sehen, der gerade in unseren Kinos angelaufen ist.

Pellegrinis Film ist ein poetischer Essay über Venedig, mit seltenen, verblüffenden Bildern, denen eine textuelle, geflüsterte Aria im Tonfall einer nicht enden wollenden Elegie unterlegt ist: Wie und wo ist dieses Venedig entstanden? Wie erzählte und erzählt man von dieser numinosen Stadt? Ist sie dabei, endgültig zu verschwinden? Und wenn ja, wer tut was dagegen?

Solche bohrend wiederkehrenden Fragen und Themen werden aber nicht im Stil einer Dokumentation verhandelt, die dann Menschen der Stadt zu Wort kommen ließe. Der Furor des Films ist kein politisch-sozialer, sondern ein mythischer. Es geht daher nicht um die bekannten, öffentlichen Proteste und Klagen, sondern um private, fast stumme: Ein Fischer auf Fischfang, rudernde Frauen und Männer, ein Paar, das die toten Inseln in der Lagune erkundet, auf der Suche nach alten Räumen und Zonen, Restauratoren bei der Arbeit.

Eingefangen wird der weite Lagunenraum von oben, damit beginnt der Film und damit endet er. Häuser und Menschen mitten im Meer, in waghalsig errichteten Bauten, die fast ausschließlich nach ästhetischen Vorgaben errichtet wurden. Das Meer als das Gegenüber der Stadt, mit ihm soll sie „kommunizieren“ und eine Art von Symbiose erfinden.

Pellegrini zeigt das Misslingen in drastischen Bildern der großen Überschwemmungen des Jahres 2019, und er zeigt die menschenleeren Plätze und Kanäle während der Pandemie als Kontrast – Fischschwärme zirkulieren wieder in den heller werdenden Kanälen, und es werden Lieder gesungen, die aus den Motiven der Stadt gefiltert wurden.

Wer an Venedig denkt, erlebt vieles als einen unverhofften Schock – und häufig auch als Überwältigung. Lagunaria ist kein Stadtporträt und keine bedeutend tuende Botschaft, die mit Fakten aufwartet. Es ist vielmehr der leidenschaftliche Film eines Venezianers, der mit dieser Stadt so eng verbunden ist, dass er sie als eine Zeichensprache „des Lebens schlechthin“ begreift.

Meine Musik zu Weihnachten

Morgen, am 23.12.2023, 9.00-12.00 Uhr, wiederholt WDR3 eine Sendung des „Klassik- Forums“, die im März 2022 zum ersten Mal zu hören war. Auf keine Radio-Sendung habe ich derart viele begeisterte Mails von Zuhörerinnen und Zuhörern erhalten.

Ich spreche über Klavierstücke, die ich selbst gespielt habe oder die mich ein Leben lang an den verschiedensten Orten begleitet haben.

Alle weiteren Details erfährt man hier, samt einer genauen Playlist und dem vorzeitigen Audio-Zugang!

https://www1.wdr.de/radio/wdr3/programm/sendungen/wdr3-klassik-forum/klassikforum-dezember-446.html

Verbunden mit dieser Musik, wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs ein frohes Fest!

Der winterliche Garten

An Schneetagen strahlt der winterliche Garten in einem monochromen, deckenden Weiß, von dem sich Bäume und Sträucher als dunkle Skulpturen abheben.

An solchen Tagen erscheinen, befreit vom Grün der Blätter und dem herbstlichen Laub, seine Linien und Architekturen: die Bahnen der Beete, die Trennwände der Zäune, die Rechtecke der Hütten.

Sobald der Schnee sich zurückzieht, tauchen solche Zeichen wie erschöpft aus dem Weiß auf, isolieren sich und fraternisieren nur noch mit dem regendurchtränkten Boden.

Abrupt isoliert, bestreiten sie ein kahles und reduziertes Für sich, erinnern an die zurückliegenden Jahreszeiten und stellen deren Spuren aus.

Hier und da zeigen sich die kleinen Signale der Zukunft: biedere Knospen, versteckt und schüchtern, die alle Kraft auf ihr Wachstum verwenden.

Der winterliche Garten resümiert und plant vor sich hin, kontaktarm und scheu, er improvisiert und mag keine lange Behandlung. „Du hast frei! Lass mich!“ signalisiert er dem übereifrigen Gärtner, der mulchen und seine Schichten lockern will – und schickt ihn vorerst zu weiten Gängen in die nahe Umgebung, Winterfreuden woanders suchend.

(Dieser Text ist erst vor wenigen Tagen entstanden. Wenn sie die Gartenszenen während der Zeiten eines ganzen Jahres weiter verfolgen und ihnen nahe bleiben wollen, empfehle ich (auch als schönes Weihnachtsgeschenk!) mein Buch „In meinen Gärten und Wäldern“!)

Weihnachtslieder auf dem Klavier

Weihnachten wird wie kaum ein anderes kirchliches Fest in unzähligen Liedern besungen. Man kennt sie oft seit der Kindheit und erinnert sie dann, verbunden mit Tagträumen, die das kindliche Dasein einfangen.

Der Pianist Wilhelm Ohmen hat siebenundsechzig dieser altbekannten Lieder auf dem Klavier eingespielt, so dass man sie weniger als Gesänge, sondern eher als autonome Klavierstücke wahrnimmt. Das verleiht jedem Lied einen Charakter, mit eigenem Tempo, eigenem Satz und eigenem Ausdruck.

Die CD Weihnachten am Klavier kann man bei Wilhelm Ohmen bestellen und für 15 Euro erwerben (wilhelm_ohmen@t-online.de). Das wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk!

Beispielhaft verweise ich auf die Einspielung des Liedes In dulci jubilo, an das ich mich besonders gut erinnere. In den Kindertagen brachte mich die Verwendung von deutschen und lateinischen Worten in einem einzigen Lied durcheinander. Ungewöhnlich erschien auch die wiederholte Formel „Alpha es et O“, die sich wiederum erst durch den Rückbesinnung auf das altgriechische Alpha und Omega erschließen ließ.

Zum Glück besuchte ich damals ein humanistisches Gymnasium und lernte Latein und Griechisch. Sonst wären mir die oft besonders leise und fast intim gesungenen Verse dieses Liedes verschlossen geblieben.

In dulci jubilo,
nun singet und seid froh!
Unsres Herzens Wonne,
leit in praesepio
und leuchtet als die Sonne
matris in gremio.
Alpha es et O.
Alpha es et O.