Finanzielle Hilfe für die Flutopfer

Eine Leserin dieses Blogs hat mich darauf hingewiesen, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ein Sofortprogramm für Eigentümer historischer Bauwerke, die von der Flut beschädigt oder zerstört worden sind, aufgelegt hat.

Es handelt sich um ein unbürokratisches Hilfsangebot für Betroffene zur raschen Finanzierung der ersten und der weiteren Notmaßnahmen.

Hier sind die Details zu erfahren:

https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erhalten/hochwasserkatastrophe/nothilfe-foerderung-erhalten.html

Ich bitte alle Leserinnen und Leser dieses Blogs, den Hinweis an Personen ihres Bekannten- oder Verwandtenkreises weiterzuleiten, für die das Angebot in Frage kommt.

Herzlichen Dank!!

 

Die Schlussfeier der Olympischen Spiele in Tokio

Heute überträgt die ARD ab ca. 13 Uhr die Schlussfeier der Olympischen Spiele in Tokio.

Am Ende wird der Blick zum Austragsort der nächsten Olympiade gehen: auf nach Paris! Genau das nehme ich mir heute vor: An den Olympischen Spielen in Paris, die vom 26. Juli 2024 bis zum 11. August 2024 stattfinden werden, als Zuschauer vor Ort teilzunehmen. Die Vorfreude findet hier schon etwas Material:

https://olympics.com/de/olympic-games/paris-2024

Mit diesen schönen Aussichten wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs einen französisch inspirierten Sonntag. Es spielen die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker:

 

Olympische Momente 10

Morgen gehen die olympischen Spiele in Tokio zu Ende, an denen ich viel Freude und großes Vergnügen hatte. Sie haben mich mit Sportarten konfrontiert, die ich sonst selten erlebe, und sie fanden in einem Land statt, dessen Kulturen mich seit Jahrzehnten beschäftigen.

Welche Sportarten haben die stärksten Eindrücke auf mich gemacht? Ich zähle sie in lockerer Reihenfolge auf:

Der Kanu-Slalom der Kanutinnen

Das Trampolinspringen der Männer

Das Dressurreiten der Frauen

Das Turmspringen der Frauen und Männer

Das Tischtennis der Frauen und Männer

Das Bogenschießen der Frauen

Und warum gerade diese? Weil sie alle Demonstrationen einer besonderen Bewegungseleganz waren! Dadurch hatten sie etwas Leichtes, Luftiges, oft auch Schwebendes und hatten mit den in vielen Sportarten dominanten Präsentationen von Kraft, Zähigkeit und Ausdauer wenig zu tun.

Vielmehr kamen sie Abläufen sehr nahe, die auch in den Künsten eine Rolle spielen: Das spielerische Abheben, den gelösten Umgang mit einem Material, die Freude an der Verwirklichung von mehreren, aufeinander folgenden Kapiteln eines Programms, dessen Regeln so unsichtbar wie möglich bleiben.

Olympische Momente 9

Starke olympische Momente setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen. Sie entstehen zunächst durch die hohe Konzentration einer Sportlerin oder eines Sportlers auf den Ablauf ihrer Bewegungen. Diese Anspannung lässt sie eine andere Zeit erleben, die sich von der sonstigen, alltäglichen fundamental unterscheidet.

Es ist eine komprimierte Erlebniszeit, die durch die zurückliegenden Trainingszeiten gehalten und von ihnen getragen wird. Die vergangenen Zeiten verdichten sich dann zur Vorführung einer besonderen, einzigartigen sportlichen Darbietung.

Wird diese Darbietung als ein geschlossener Handlungsablauf empfunden (hat sie gleichsam auch einen filmischen Gestus), überträgt sie sich als Spannung, die auch die Zuschauer berührt, in den Bann schlägt und an der Vorführung des Athletischen teilnehmen lässt. Sie ergreift, packt und hinterlässt eindrückliche Empfindungen, die im Idealfall zu erinnerten Bildern werden.

Ist sie vorüber, ist das Bewusstsein von dem, was gerade erlebt wurde, oft weder bei den Sportlerinnen/Sportlern noch beim Publikum vorhanden. Was war da los? Was ist nacheinander passiert? Was habe ich erlebt/gesehen? Als erwachte man aus einem Traum, wird nach den Spuren des Erlebten gesucht. Sie werden erst nach einigen Tagen, Wochen oder sogar Monaten deutlicher wahrgenommen und formen sich dann zu einer erzählbaren Geschichte.

Um so erstaunlicher ist es, wenn ein Athlet unmittelbar nach dem Wettkampf bereits zu Formulierungen findet, die das hellwache Erstaunen über das Geleistete mit dem Rückblick auf die Trainingszeiten und die Menschen, die an ihnen teilnahmen, verbindet. Was sich dann einstellt, ist das überwältigende Glück des Gelingens: sich als einen anderen Menschen in einem für unmöglich gehaltenen Zeitverlauf entdeckt zu haben.

Genau dieses Glück ist heute Morgen dem Geher Jonathan Hilbert zuteil geworden, der nicht fassen konnte, dass er die Silbermedaille gewonnen hatte:

https://tokio.sportschau.de/tokio2020/nachrichten/Geher-Jonathan-Hilbert-gewinnt-ueberraschend-olympisches-Silber,olympia10268.html

Olympische Momente 8

Mehr als drei Jahre (von 1897 bis 1900) beobachtet der japanische Dichter Tokutomi Roka (1868-1927) von dem kleinen, am Meer gelegenen Ort Zushi die nahe Bucht und das ferne Bergland mit dem Gipfel des heiligen Berges Fuji.

Fast täglich entstehen kurze Skizzen seiner Eindrücke, Studien der Natur, des Wetters, der sich verändernden Atmosphären – und des Auftauchens der Menschen in diesen Panoramen.

Seine Skizzensammlung Shizen to jinsei (Natur und Menschenleben) erscheint 1900 und wird bald zu einem der wichtigsten meditativen Bücher der neueren japanischen Literatur.

Der Japanologe Ekkehard May hat diesen Klassiker ins Deutsche übersetzt und seine Details sehr erhellend kommentiert (Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung).

Muss ich noch hinzufügen, dass es sich um eines meiner Lieblingsbücher handelt? Während der Spiele in Tokio ist es meine Begleitlektüre.

Hier ein Sommereintrag:

Die Regenzeit ist vorüber; jetzt ist richtiger Sommer geworden. Ich öffne die Papierschiebefenster, lasse einen dünnen Bambusvorhang herunter und setze mich hin. Jenseits des Vorhangs grüne Berge; weiß gekleidete Menschen gehen vorüber. Auch der Fuji hat sein Sommergewand angetan. Sein grünes Kleid, strahlend und makellos; nur auf seinem Haupt trägt er noch einige weiße Strähnen von Schnee. Hörst Du nicht die Frische des freundlich-sanften Windes? Er kommt über die Sagami-Bucht herangeweht, die wie ein blaugrüner Teppich ausgebreitet liegt.

Die alten und die neuen Zeiten

(Am 4.8. auch als Kolumne im „Kölner Stadt-Anzeiger“, S.4)

Johanna Adorján hat einen Roman (Ciao) geschrieben, in dem nach ihren eigenen Erläuterungen „ganz nette, mittelalte Männer“ vorkommen, „die Feminismus gut finden, aber plötzlich nicht mehr wissen, ob sie einem eigentlich ein Kompliment machen dürfen oder ob das neuerdings verpönt ist“. Einige meiner Freunde haben zustimmend genickt, ja, das stimmt, auch sie haben bemerkt, „dass sich Dinge verändert haben und sie Sachen falsch machen können“, und auch sie „wissen gar nicht genau, was“.

Im Hintergrund geht es aber um viel mehr als um Stimmungslagen von Männern, die stark irritiert sind. Die alten und die neuen, gegenwärtigen Zeiten scheinen generell kaum noch etwas gemeinsam zu haben. Gesellschaftliche Veränderungen verlaufen momentan auf vielen Ebenen verstörend rasant, Johanna Adorján spricht sogar von der größten gesellschaftlichen Umwälzung seit 1968.

Wenn sich meine Freunde an die eigene Nachkriegskindheit erinnern, gehen die rückwärtsgewandten Fantasien in Zeiten zurück, in denen die Medien noch eine kaum spürbare Rolle spielten. Es gab kein Fernsehen, telefoniert wurde  selten, und im Radio hörte man nur ab und zu ein paar Nachrichten und sonst höchstens die neusten Schlager. Man selbst kam in diesem Mediensäuseln nicht vor, sondern lebte in engen familiären Bezirken und schaute nur im Urlaub ein paar Meter nach draussen. Der Zusammenhalt mit „den anderen“ verlief in einem fast dörflich zu nennenden, begrenzten Raum, um dessen Gewohnheiten und Lebensregeln alle wussten, die sich ihm zugehörig fühlten.

Von diesen beschaulichen, geradezu somnambul verbrachten Zeiten ist nicht das Geringste mehr übrig geblieben. Die engen Zirkel sind längst gesprengt, jede Aktion steht unter medialer Aufsicht, und die Menschen sind eifrige Protagonisten, die der Metapher vom Leben als Schauspiel genügen wollen. Damit sind elementare Umbrüche im Lebensgefühl verbunden. Die intimen, dialogischen Räume gingen verloren, und die früher oft noch gesellig-empathischen Diskurse verlaufen jetzt auf Plattformen, wo Kritik, Häme, Mißgunst und Neid selbstverständlich sind.

Das Leben in den Twitter- oder Instagram-Rhythmen der sozialen Medien empfinden die meisten Freunde inzwischen nicht mehr als lebenswert. Themen und Kommentare erhalten für wenige, flüchtige Momente eine Scheinbedeutung, die sich lautstark darstellen muss, weil sie bereits am nächsten Tag wieder verpufft ist. Da jedes Mal eine Vielzahl von Menschen ungefragt an ihnen teilnimmt, lebt man in Wogen kleiner Dispute, die sich immer mehr in Haarspaltereien ergehen. Die größeren sozialen und ökonomischen Themen werden kleinteilig seziert, so lange, bis die Fragestellungen verblasst sind. „Leider werden die Debatten oft sehr schwarz-weiß geführt“, sagt Johanna Adorján, „es gibt überhaupt kein Dazwischen mehr, keine Geduld und Nachsicht.“

Genau das lässt viele meiner Freunde gegenwärtig verzweifeln. Einige träumen ernsthaft vom Auswandern, andere ziehen sich verunsichert in kleine Lebensbezirke zurück und beschränken sich auf minimalste Lebensäußerungen. Das Vertrauen ins „große Ganze“ existiert nicht mehr, überall scheinen Gefahren zu drohen.

Die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts wird man einmal als eine Zeit zuvor unvorstellbarer Katastrophen erkennen, geprägt durch eine Rückkehr von Empfindungen, die früher durch Kriege ausgelöst wurden. Die öffentlichen Diskurse tragen nicht mehr zu ihrer Bewältigung bei. Auch die „Seel-sorger“, die einmal für den Seelenfrieden zuständig waren, bieten keinen nennenswerten Halt. Die Kirchen leeren sich, und im Winde klirren die Fahnen…

Olympische Momente 7

In der Mediathek von Arte findet man einen sehr sehenswerten Film über Tokiodie Stadtkultur von morgen (Regie: Michael Trabitzsch).

Die größte Stadt der Welt (mit über 38 Millionen Einwohnern) steht vor enormen Herausforderungen. Da der Platz nicht mehr reicht, müssen die Stadtstrukturen neu gedacht und geplant werden.

Der Film zeigt einige der federführenden Architekten, die klug und einfallsreich ihre neuen Ideen präsentieren. Dabei spielen Traditionen der altjapanischen Ästhetik noch immer eine bedeutende Rolle.

Hinreissend sind die Bilder der neuen Bauten, die mich wieder darin bestärkt haben, bald nach Tokio zu reisen. Eine Ultramoderne begegnet der Tradition – nirgendwo ist das so spannend wie in Japan.

https://www.arte.tv/de/videos/103528-000-A/tokio-die-stadtkultur-von-morgen/

Olympische Momente 6

Allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs

wünsche ich einen erholsamen Sonntag –

verbunden mit einer Shigin-Lesung einer japanischen Rezitatorin,

die ein Gedicht in traditioneller Weise vorträgt –

und der Empfehlung eines Kochbuchs über japanisches Kochen

(Tim Anderson: Japan Easy Vegan. Südwest Verlag),

in dem auch über die Rituale, Regeln und Besonderheiten

japanischer Mahlzeiten in kleineren oder größeren Runden

nachgedacht wird.

Olympische Momente 5

Gestern dachte ich über Sportarten nach, in denen die Sportlerin oder der Sportler allein mit sich selbst sind  und der Körper in einem zeitlich begrenzten Verlauf solistisch zum Einsatz kommt.

Das zeigte heute besonders schön der belarussische Trampolinspringer Iwan Litwinowitsch, der für seine Kür die Goldmedaille erhielt.

Seine Bewegungen vermessen den Raum: Extreme Höhe, Rückkehr auf das zentrale Kreuz – und die Plastik des Körpers verschwindet zugunsten einer Animation, die den Körper ausblendet und ihn als ein Raumobjekt erscheinen lässt. Was man sieht, ist Bewegung an und für sich, losgelöst von subjektiven Spuren, Schwerelosigkeit im All einer Halle.

(Meine Empfehlung: Den wiederum miserablen Kommentar vor der Präsentation ausschalten…)

https://tokio.sportschau.de/tokio2020/videos_audios/videoaudioindex166_archiveID-videoarchiv512_page-2_videoID-olympia8990.html

Olympische Momente 4

Die Vielfalt der Sportarten, die in Tokio gezeigt werden, lässt mich darüber nachdenken, wie sie sich unterscheiden.

Es gibt solche, in denen die Sportlerin oder der Sportler allein mit sich selbst sind (Bodenturnen, Laufen, Schwimmen etc.). In einem zeitlich begrenzten Verlauf kommt der Körper solistisch zum Einsatz. Die Konfrontation mit seinen Regungen und Widerständen führt zu einer hohen Form der Selbstbeobachtung, die sich in einer konzentrierten Gestik niederschlägt.

Die Zuschauer erleben solche Auftritte als Aktionen mit einem mehr oder minder starken theatralischen Gestus, der unterschiedliche, äußerliche Gradi der Präsentationen erlaubt.

Es gibt aber auch Sportarten, in denen die Sportlerin oder der Sportler mit einem dinglichen Gegenüber agieren (Kanufahren, Rudern, Bogenschießen etc.). Hier kommt der Körper in einem zeitlich begrenzten Verlauf im dualen Zusammenspiel zum Einsatz.

Solche Sportarten zeigen im idealen Fall besondere Formen von Eleganz: in der Beherrschung der Sportgeräte und in den Gradi ihrer „Einverleibung“.

Als einen Höhepunkt solcher Darbietungen habe ich den Kanu-Slalom der Kanutin Ricarda Funk erlebt, der mit einer Goldmedaille belohnt wurde.

Der Einsatz des Kanus vervielfältigt die körperlichen Aktionen und wird von den starken Wasserströmungen auf extreme Weise herausgefordert. Dadurch entsteht ein virtuoser Tanz inmitten der Wellen und Strudel, den man als Zuschauer sprachlos verfolgt (hier leider mit einem miserablen Kommentar der Reporterin, der zeigt, wie man sportliche Schönheit totreden kann…):